Hocharn 3254 m , Zirmsee, Sonnblick 3106 m

Schon längere Zeit plagen mich Alterserscheinungen am linken Gesäßmuskel. Durch unbarmherziges durchkneten, drücken, zerren, verschieben und quetschen konnte mein Physiotherapeut Martin die Verspannungen und Verkrampfungen irgendwie lösen. Und um den Erfolg auch wirklich zu bestätigen, muss die Probe aufs Exampel im Gelände erfolgen.
Mein Respekt vor dem Knaben ist entsprechend hoch, ist er doch ein, bis auf die letzte Faser durchtrainierter, Orientierungsläufer. Beim Aussuchen einer Probiertour dachte ich so an maximal 1500 Hm. Man will es ja nicht gleich übertreiben. Allerdings kann ich meine Vorstellungen gar nicht vorbringen, denn für Martin war die Runde Kolm Saigurn-Hocharn-Zirmsee-Sonnblick –Kolm Saigurn schon klar.
Naja. Kurz hinunter geschluckt , dann gemmas hoit! Bei eventuellen Verkrampfungen habe ich ja die Hilfe dabei!
Treffpunkt 5.30 Uhr beim Lenzenangerparkplatz. Martin ist schon am Vortag mit dem VW-Bus angereist. Ich schlafe immer lieber zu Hause.
Kurzes Schitragen und an der Brücke wird angeschnallt. Es sind schon einige Aspiranten vor uns, aber das stört nicht. Der Schnee ist gut gefroren und beim Wasserfall werden schon die ersten überholt. Harscheisen angelegt und rauf geht’s die erste Steilstufe. Martin benötigt solch Luxus nicht, er spaziert einfach hinauf. Herrlich die Sonnenstrahlen! Wir sind mit unserer Welt zufrieden und überholen die nächste Partie. Nach gut einer Stunde haben wir alle hinter uns gelassen und können nun ungehemmt dem Gipfel zustreben. Manchmal gehen wir gemeinsam, dann zieht wieder jeder seine eigene Spur. Obwohl es unsere erste Schitour ist, läuft alles doch sehr vertraut ab. Ich muss wieder die Harscheisen anlegen, denn das Herumgerutsche im firnigen Kartoffelacker geht mir auf die Nerven. Irgendwann treffen wir uns dann wieder und gehen den Schlusshang an. Poah, jetzt spüre ich es aber. Zum Glück nicht im Gesäß, aber in der Lunge. Ich kann nur neidvoll zusehen, wie Martin locker-flockig aufwärts zieht. Wurscht, das Leiden-Tempo einlegen und kontinuierlich höherschleichen. Am Gipfel sehe ich Martin schon mit nacktem Oberkörper auf mich warten. Jaja, ich komm schon! So, jetzt muss ich mich erst mal hinsetzen. Gute 2 ½ Stunden Aufstieg sind bei dem noch vor uns liegenden Anstieg keine schlechte Zeit. Raus mit der Jause und die Speicher auffüllen. Das Panorama ist wegen des Saharastaubes nur mäßig schön. Schiach ist der wenige Schnee in Richtung Heiligenblut. Bis zum Zirmsee wird schon genug Schnee liegen, kommen doch einige Tourengeher von dieser Richtung herauf. Gerade als die ersten den Gipfel betreten, stechen wir auch schon wieder in die Tiefe. Es firnt schon auf! Nur der Sand verwandelte die Oberfläche in eine Krater übersäte Mondlandschaft. Lockeres Schwingen ist nur phasenweise angesagt. Wir finden aber immer wieder schöne Flächen und so geht es, in schöner Landschaft, dem Zirmsee entgegen.
Traumwetter, Traumgegend und Firn. Ein langer Schluck aus der Flasche und es wird wieder aufgefellt. Ein wunderbarer Gehrhythmus stellt sich ein. Das Kleinfleißkees hat sich schon ganz schön zurückgezogen. Wir ziehen am linken Rand in Richtung Zittelhaus. Bald hat uns die Zivilisation eingeholt. Umso mehr genießen wir hier noch die Stille. Beim Zittelhaus können wir ein sonniges Plätzchen in Beschlag nehmen. Martin ist schon wieder halb nackt, was mir, als Dermatologen, den kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Aber wenn`s ihm gefällt und ich brauche ja zumindest 10 Jahre auch noch eine Arbeit!
Allzu lange verweilen wir nicht. Der Firn wartet nicht. Wir starten in Richtung Rojacher-Hütte. Es läuft relativ gut. Die kurze Schlüsselstelle wird im Schuss, mit Augen zu, gemeistert. Je näher wir zum Naturfreundehaus Neubau kommen, desto härter wird allerdings die Piste. Das Abfahren wird immer mehr zum Abrutschen und beim Wasserfall muss ich dann direkt kurz stehen bleiben und mir überlegen, ob es schon gescheit ist, hier runter zu fahren. Martin stört das nicht. Ohne zu zögern wird abgerutscht und schon bald können wir in Kolm Saigurn wieder unsere Schi schultern und dem Parkplatz entgegen wandern.
Der Vorteil von VW-Bus-Campern ist: es gibt immer einen Kaffee! Mit diesem und einem unglaublich gutem Keks wird auf die gelungene Tour angestoßen. Danke Martin für die lässige Tour und noch mehr Danke, dass mein Gesäß durchgehalten hat!
Walter
Tourendatum: 26.3.2022






