Venedigergruppe, Larmkogel, 3017m

Viel zu verregnet und viel zu schnell ist die Firn und Schitourensaison heuer für mich vergangen. Und da der Schnee in der Höhe auch noch nicht weichen will, ist eine Abschlusstour angezeigt.
Wie von selbst wache ich um 2.30 Uhr auf und um 3.00 Uhr geht es bereits zügig in den Pinzgau. Die hohen Temperaturen lassen meinen Plan, den Larmkogel vom Hollersbachtal aus zu gehen rasch ins Habachtal umschwenken, denn hier ist der Gipfelhang westseitig und hoffentlich einigermaßen passabel. Um 5.00 Uhr starte ich vom doch ganz gut besetzten Parkplatzmit dem MTB Tal einwärts. Nur nicht zu schnell. Die Kräfte müssen gut dosiert werden. Herrlich, dieses dem Morgen Entgegenfahren. Knapp vor der Moaralm sausen dann 2 e-Bikes mit geschätzten 20 km/h und Tourenausrüstung an mir vorbei. Sie konnten offensichtlich nicht bremsen, denn das Gatter bei der Alm mit Fahrverbot für Radfahrer und der Bitte des Grundbesitzers, dies auch zu respektieren, hat sie nicht gestoppt. Ich parke hier meinen Lastesel neben einem Wanderer. Der junge Mann will in kurzer Hose und Treckingschuhen zu Fuß auf den Larmkogel, oder zumindest bis zur Thüringer Hütte!? NA, jeder wie er will.
Auf meinem weiteren Fußweg sehe ich dann noch weitere e-bikes herumstehen. Aha, heute ist was los. Nach einer ¾ Stunde dürfen die Schi montiert werden und ojeh, ganz schön weiche Angelegenheit. Von durchfrieren keine Spur. Ich fädle in die vorhandene Aufstiegspur ein und schlurfe gemächlich aufwärts. Beim ersten Steilhang werden meine beiden Überholer nun rücküberholt ( rebrake). Kurzes gegenseitiges Vorjammern über die schlechten Schneeverhältnisse und dann biege ich nach links ab. Alle anderen Spuren führen nach rechts, zum „Plattigen Habach“. Wäre ja ein schönes Ziel, aber man kann nicht ständig den selben Gipfel besteigen.
So, nun darf ich also alleine weiterspuren. Bruchharsch der edlen Sorte fordert das gesamte Lungenvolumen. Je näher ich dem Steilhang zur Larmscharte komme, desto stabiler wird allerdings die Oberfläche und das steigert sich auch mit der zunehmenden Steilheit des Hanges. So ca. 100 Hm unter dem Sattel ist das Gleichgewicht Schi : Angst abzurutschen zu Gunsten Angst verschoben und das bedeutet: Tragen. Rauf mit den Steigeisen und los geht’s. Doch nach kurzem Halt bricht der Deckel und knietief darf ich mich so höher plagen. Manchmal muss ich nach 10, manchmal nach 20 Schritten stehen bleiben. Endlos wirken diese wenige Meter und die Zeit schreitet voran. Am letzten Hemd schleppe ich mich in die Scharte, werfe den Rucksack zu Boden und gehe den Gipfelhang an. Anfänglich felsig, geht es dann, im tiefen Sulz weiter. Der Grat steilt auf und mit jedem Meter sinke ich tiefer ein. Geschätzte 10 Hm unter dem Gipfel habe ich genug. Die Arme versinken bis zu den Schultern im Nassschnee. Es wird immer steiler, die Wechten grinsen herüber: komm du nur!
Wurscht! Ich drehe um und schwimme zum Rucksack zurück. Schnell die Jause verdrückt und nichts wie hinunter. Die Hitze wird unerträglich. Die ersten 500 Hm Bruchharsch gehen dann zum Glück in weichen Schnee über, der gar nicht so schlecht zu fahren geht. Nur im letzten Steilhang nimmt mich ein kurzer Nassschneerutsch 2 Meter mit. Man merkt sofort die Kraft des Rutsches. Aber kein Problem. Im Talboden treffe ich den Jüngling wieder. Er hat aufgegeben und sitzt mit nassen Schuhen und Socken auf einem Felsen. Kurzes Verabschieden und weiter geht’s zum MTB. Dort angekommen, sieht man, dass Corona wohl schon vorbei ist. Menschenmassen drängen sich auf der Terrasse der Moar-Alm. Alle sind lustig und rutschen eng zusammen. Na, jeder wie er will.
Wieder beim Auto ist mir klar: das war nun wirklich die Abschlusstour!
Walter Tourendatum: 3.6.2021