Untersberg, „Direkte Gamsalmplatten“, VI+

Durch Zufall kommt es zu einem netten Familienausflug, da Tochter Martina mit Freund Markus zu Besuch nach Salzburg kommen.
Meine jüngste Tochter Katrin hat inzwischen auch ihre Freude am Klettern entdeckt und schon starten wir, wie bei mir üblich, um 6.15 Uhr in Richtung Scheibenkaseralm. Ich gehe als Letzter und muss meine Jungen immer wieder ermahnen, nicht so schnell zu gehen, nicht dass ihnen dann die Puste ausgeht. ( Vielleicht entwickelt sich inzwischen auch ein gewisser Eigenschutz?). Es dauert keine Stunde bis zum Kaser und knappe 20 Minuten später errichten wir unser Rucksackdepot. Von nun an wird es alpiner. Über steiles Schrofengelände überqueren wir einen Grat und ich entscheide gegen den beschriebenen Zustieg, denn ein Ausrutscher würde hier zweifelsohne den sicheren Tod bedeuten. Somit überqueren wir eine Scharte tiefer und gelangen stressfrei zum Einstieg. Stressfrei ist wieder ein relativer Begriff, denn in unserer Tour ist bereits eine Seilschaft und zumindest 2 Weitere folgen uns. Inzwischen bin ich mit Katrin schon gut eingespielt und so schnell kann Martina gar nicht schauen, starten wir bereits in die Tour. Einfaches Plattengelände führt schräg rechts aufwärts zum ersten Stand. Viele Steinschlagzeichen hinterlassen in dieser Rinne bei mir ein ungutes Gefühl und knapp vor dem 2. Stand ist es dann auch schon passiert. Die Seilschaft ober uns ( ca. 4 SL voraus) lässt 2 ordentliche Steinsalven herunter. Ich kann mich noch rechtzeitig zum Fels drücken, aber Katrin wird doch von einem Stein an der Schulter getroffen. Martina und Markus bleiben ebenfalls unverletzt. Ein 7 cm langer Kratzer und ein ordentlicher Bluterguss sind das Endresultat. Wie sie mir später erzählt, ist ihr eigentlich zum Weinen, aber tapfer beißt sie die Zähne zusammen und verliert bei den weiteren 9 SL kein Wort über eventuelle Schmerzen.
In der 4. Seillänge findet sich die Schlüsselstelle. Ein kniffeliger Quergang nach links. Wenige Meter, aber doch schwierig zum Steigen und Greifen. Perfekte Sicherung lässt keine Angst aufkommen. Martina ist ganz baff, mit welchen Verrenkungen Katrin die Stelle meistert. Nur nicht den Haken angreifen. Von mir hat sie das nicht, denn Hakenwürgen ist mein Hobby. ( War allerdings hier auch nicht notwendigJ. Nach einer anschließenden Querung im brüchigen Gelände nach links ( von hier kamen die Steine), geht es nun in Genusskletterei im V. Grad weiter. Immer wieder muss ich mit meiner Jüngsten Pausen einlegen, aber nicht um zu verschnaufen, nein, um einerseits nicht bei der anderen Seilschaft aufzulaufen und andererseits, um auf Martina und Markus zu warten.
Nach guten 2 Stunden sind wir nun am Grubenpfad, unserem Abstiegsweg, angelangt. Kurze Gratulation gegenseitig und danach trennen sich die Wege für kurze Zeit. Da Martina in steilen Schrofen nicht so sicher unterwegs ist, schicke ich sie mit Markus aufwärts, um über das Störhaus zur Scheibenkaser zu gelangen ( sie nimmt dann allerdings nicht den gemütlichen Wanderweg abwärts, sondern steigt durch die Doline zu den Südwänden ab, um dann erst recht wieder in den Schrofen zu querenL). Mit Katrin gehe ich den Grubenpfad abwärts. Sehr sicher bewegt sie sich im Absturzgelände; allerdings kann ich als Vater ihr kaum zusehen. Immer wieder biete ich ein Seil zur Sicherung an, doch dafür ernte ich nur Verachtung. Na, dann eben Augen zu und durch. Zum Glück dauert es nicht lange, bis wir bei unseren Rucksäcken sind.
Bei der Scheibenkaser trenne ich mich auch von Katrin, denn sie will nicht auf ihre Schwester warten. Unbekümmert läuft sie talwärts, wo meine liebe Frau bereits auf sie wartet und nach Hause bringt. Daheim wartet nämlich noch ein body-workout auf sie. Poah! Wäre ich noch gerne einmal jung!
Nach einem halbstunden-Schläfchen auf der Alm, kommt inzwischen Martina mit Markus daher und plaudernd streben auch wir dem Tal und dem abendlichen Grillen zu.
Walter
Tourendatum: 15.7.2020