Reiteralpe, Stadlhorn, 1711m, „Men at work“, VII/Ao, ( VII+) Kletterakt in 2 Teilen

Irgendwie kann ich Peter zu keiner Dachsteintour überreden. Die Anfahrt ist ihm offensichtlich zu weit. Aber er hat auch wieder Recht, denn die Zunahme des Reiseverkehrs macht am Wochenende eine Anreise in den Pongau nahezu unmöglich. Aber er wartet mit einer Alternative auf. Eine Tour von Amann und Brüderl am Stadlhorn kennen wir noch nicht. Bei angesagten hohen Temperaturen ist eine NW-Wand wohl die beste Lösung.
Auf einer Anstiegsskizze von 1999 ist auch der Zustieg beschrieben. Doch diese Beschreibung reihen wir ins Reich der Fantasie ein. Womöglich wurde inzwischen der Forstweg deutlich ausgebaut. Man geht nun nur dem großen Forstweg entlang bis wenige Kehren nach dem Jagdhochstand ein Steinmann nach rechts auf einen Pfad gerade aufwärts leitet. Nach ca. 10 Minuten erreicht man dann den Mitterweg. Hier ist das Rucksackdepot, denn hier mündet auch der Laufsteig im Abstieg ein. Danach queren wir 2 Bachbette, bis es zum Schluss über steilen Wald und dann Wiese zum Wandfuß geht. Leider müssen wir über ½ Stunde suchen, bis wir den Einstig finden. Von der beschriebenen Einstiegsmarkierung ist nichts vorhanden. Schimpfender Weise überlegen wir schon den Rückzug, denn das Wetter sagt auch nicht sicher an. Mit einem gewissen Bauchgrummeln gehen wir dann doch die 19 SL an, welche sogleich mit einer kräftigen VII- Überhangsverschneidung beginnt. Man merkt hier sofort, das ist keine Amann-Brüderl-Plaisier-Tour. Die Bewertungen sind streng ( vielleicht auch, weil die Bohrhaken weiter gesetzt sind?), immer wieder folgt ordentlich alpines, sprich, deutlich brüchig, grasig, latschiges Gelände. Durch die mäßige Absicherung braucht es etliches an Sucharbeit. Eine Portion alpine Erfahrung ist hier schon angebracht. Allerdings kommen auch immer wieder sehr interessante Seillängen, die aber allesamt anspruchsvoll sind. Leider muss ich bei SL 10 trotz „nur“ VI. Grad, Peter vorlassen, denn die Aussicht auf einen Groundfall blockiert meinen Kletterfluss. Auch hier muss ich als Amann-Brüderl-Fan leider sagen, dass etliche Haken nicht ideal gesetzt sind. Regelmäßig sind Groundfalls möglich. Die Temperaturen steigen zunehmend und wir kommen nur langsam voran. Nach 5 Std. und 13 SL erreichen wir den Laufsteig. Für mich ist nach einem Blick auf die Schlusskante klar. Hier ist für heute Schluss. Die NW-Kante ist vollständig in der Sonne und mir rinnt schon im Schatten der Schweiß in Strömen. Ich merke Peters Wehmut, hier abzubrechen. Aber mein Entschluss steht fest. Über den sehr steilen und tlw. sehr ausgesetzten Laufsteig sind wir in gut einer Stunde beim Auto. Sprung in den Bach und Schwamm drüber.
Aber Peter lässt die Sache keine Ruhe. Am nächsten Samstag ist das Wetter wieder unsicher und heiß. Naja, warum nicht wieder rauf zum Umkehrpunt und im Schatten noch schnell die letzten 6 Längen erledigen. Ich bin ebenfalls wieder motiviert und auf geht`s. Nach 1 ½ Stunden stehen wir am Einstiegsriss. Poah, der zieht ordentlich rauf und die Bohrhakendichte hat sich in der letzten Woche auch nicht verbessert. Ich starte und nach den ersten Metern ergibt sich der Riss ohne Widerstand. 2. Länge bedeutet VII+. Peter zieht durch. Eine Kraft hat der Mensch! Ich muss leider einen Haken würgen. Egal. Die restlichen 4 Längen bringen mit eingestreuten kurzen Kraftakten keine Probleme mehr und beim völlig durchnässten und damit unbrauchbaren Gipfelbuch ist uns klar: die Aufteilung war vernünftig.
Über eine steile Schotterrinne, welche jeden eingefleischten Alpinisten bis in die Haarwurzeln befriedigt, (war ich froh, als wir da heil unten waren) geht es zu einer überhängenden Abseilstelle und nach einem weiteren ganz kurzen Abstieg können wir zu unseren Rucksäcken queren. Der bekannte Abstieg geht noch etwas schneller als letztes Mal und auch die Einstiegsstelle zum Bach ist besser gefunden.
Ergebnis: Anspruchsvolle, interessante Tour, mehr für den Alpinisten, als für den Sportkletterer. Die Absicherung hat sich, zum Glück, über die Jahre hin, in den Amann- Brüderl-Touren verbessert.
Walter
Tourendatum: 18. und 24.8.2019