Von UFO bis Fusselband – eine Fahrt ins Elbsandsteingebirge

Ein harter Kern von Kletterern zog für 4 Tage aus, um das Fürchten zu lernen…

oder auch, dass man sich eben nicht überall fürchten muss, Knopfschlingen beißen können, mitunter der Platz auf Felsen
eng werden kann, und welches die richtige Reihenfolge beim Eintrag in das Gipfelbuch ist. Ein erstes Kennenlernen des Sandsteins der Sächsischen Schweiz startete am Freitag. Weit über die Baumwipfel ragt die Große Hunskirche am Papststein in den sonnigen Nachmittag. Der leichte „Alte Weg“ wird von Kay sogleich mit einem Direktausstieg gewürzt. Kein Problem im Nachstieg für Andi,
Ricci, Lucy und Günther. Zum ersten Mal heißt es für alle gleichzeitig am Gipfel „Berg Heil“. Und schon des Rätsels Lösung: natürlich schreibt sich der Vorsteiger zuerst in das mit einem charakteristischen Scheppern aus der Gipfelbuchkassette hervorgeholte Buch. Dann heißt es Abseilen, bevor weitere schwierigere Wege in Angriff genommen werden. Durstig und bereits vom rauen Fels gezeichnet fahren wir zum Zeltplatz in Mittelndorf. Eine wahrliche Oase: es gibt kühles Bier zum grandiose Gipfelpanorama der Affensteine im Abendlicht. Andi und
Andrea kommen noch nach und Pläne für den nächsten Tag werden geschmiedet.Dieser beginnt mit einem ausführlichen Frühstück, bevor wir von Schmilka aus mit beladenen Rucksä cken starten. Wir wählen die Rotkehlchenstiege, um das hohe Felsriff zu besteigen, welches am groß en Winterberg entspringt. Im Felskessel angekommen, bleiben wir zunächst für leichte und anspruchsvollere Klettermeter am Stiegenwächter. Von Reibung bis Kamin ist für jeden etwas dabei. Am Nachmittag geht es über den aussichtsreichen Gratweg bis zur Schrammsteinaussicht. Direkt vor unseren Nasen steht die Felsnadel der „Tante“ ausgesetzt hoch über dem Elbtal. Aufgrund der vorgerückten Stunde wird es ruhig in den sonst gut besuchten Schrammsteinen, und wir legen uns die Ausrüstung wieder an. Gleich über zwei Wege steigen wir auf diesen formschönen Felsen. Wer einmal auf der Tante sitzt, spürt, wie die Tiefe von allen Seiten an einem zieht, und so rutscht man auf dem so schon kleinen Gipfelkopf gern zusammen. Der Rückweg nach Schmilka führt uns entlang von Meilensteinen der Freiklettergeschichte, bevor wir die Speicher bei schmackhafter böhmischer Küche in Herrnskretchen wieder auffüllen.
Der nächste Morgen beginnt ebenfalls mit Sonnenschein. Diesmal geht es nach Rathen. Von der Aussicht des Gamrig ist das Tagesziel nicht zu übersehen – die Lokomotive. Hoch über dem Amselsee steht dieser Felsen mit gleich zwei Gipfeln. Es ist Sonntag, und dementsprechend sind wir nicht die einzigen mit dem Wunsch einer Besteigung. Aber bei Eintreffen wird ein Klassiker – die Südkante an
der Esse – gerade frei. Kay hängt diese nach guter sächsischer Art ausgesetzt, aber mit Ruhe, ein. Derweil werden mehrere kürzere Routen am benachbarten Lamm geklettert. Zuletzt geht es noch ü
ber den Alten Weg auf den Dom der Lokomotive, bevor wir zum Amselsee absteigen und die Fische bewundern, deren Verwandte nur kurz darauf köstlich geräuchert auf unseren Tellern liegen.
Nach drei Klettertagen nehmen wir am Montag noch die Häntzschelstiege in Angriff. Dieser teilweise versicherte Bergweg leitet geradewegs aus dem Kirnitzschtal auf das Felsriff der Affensteine. In direkter Nachbarschaft stehen beindruckende Felsformationen wir die Brosinnadel und der Bloß stock. Am Ausstieg ein weiterer Leckerbissen: Eierschecke, die den Weg durch die teilweise engen Felsspalten heil überstanden hat. Zurück geht es durch die „Wilde Hölle“ und den blühenden Nationalpark, dem wir, und da sind wir uns alle einig, bald wieder eine Kletterreise widmen werden.

Kay

Felsen und Wege:

Große Hunskirche: Alter Weg (III) mit Ausstieg Südkante (V); Dreifreundeweg (V); Strubichweg (V); Direkter Strubichweg (VIIc)
Stiegenwächter: Ostkante (III), Talseite mit Ausstiegsvariante (VIIa)
Ülmtülp: Südstiege (III)
Tante: Mittelweg (VI), Perry-Kante (V)
Lokomotive – Esse: Südkante (VI)
Lokomotive – Dom: Alter Weg (III)
Lamm: Alter Weg (I), Schwarzer Kanal (V), Direkte Südwestwand (VIIb)