Col dei Bos, „Via Gaudeamus“ VI- und Großer Falaregoturm, „Dibona – Südostwand“, V+

Perfekter hätten Ort und Zeit für das diesjährige Abklettern nicht liegen können. In den Dolomiten stehen die Südwände gleißend in der Herbstsonne und goldene Lärchenwälder umringen die Kalkgipfel.
Wir entscheiden uns für alpine Mehrseillängen am Falzarego. Nicht weniger sonnig weil südseitig und vielleicht etwas ruhiger als an der Ciavazes, dabei hervorragend fester Fels und ein einzigartiges Panorama. Wie so oft fällt die endgültige Wahl der Tour auf der Anfahrt von Innsbruck – ja eigentlich erst am Pass. Die „Via Gaudeamus“ am Col dei Bos soll es werden: kurzer Zustieg, griffiger Fels, Platten, steile Verschneidung und ausreichend gesichert. Der Weg führt uns vorbei an den ersten Seilschaften am Falzaregoturm und dem Klettersteig am Col, wo sich am Einstieg bereits eine kleine Schlange bildet. Wir queren den Wandfuß noch ostwärts bis zum Beginn eines gut sichtbaren Schuttkegels. Die ersten zwei Seillängen bewegen sich bereits im oberen 5ten Grad. Der kompakte Fels und die Sonne lassen aber alles andere als Kaltstartbeklemmungen aufkommen. In der vierten Seillänge gilt es die Schlüsselstelle zu überwinden – einen Bauch mit Fingerloch und nur kleinen Tritten. Robert meistert dies ohne Probleme, und schon bald darauf jubel ich das Herzstück der Tour, eine 35 m hohe Verschneidung, empor. Dann mündet die Tour in die „Ada-Plus“. Nochmal gilt es auch deren Schlüsselstelle zu knacken. In einer glatten Wand steckt ein Trittbügel – eben da, wo der Fuß ihn auch sucht. Ohne diesen heißt es weit hinaus zu spreizen, dann aber mit dem Bügel zwischen den Beinen und einem flauen Gefühl im Magen. Weiter geht es noch etwas gestuft zum Ausstieg. Auf den Grasmatten lässt es sich in der Sonne fein entspannen und auch der Rückweg zum Strudel beim Strobel fällt nicht schwer. Von da wandert dann auch der Blick schon wieder hoffnungsvoll in die Wände… wir kommen morgen wieder!
Erstmal geht’s aber zurück nach St. Lorenzen im Pustertal und zum gemütlichen Törggelen im Kreis der Klubkameraden.
Ein feuchtkühler Sonntagmorgen empfängt uns im noch schattigen Tal. Nach gemeinsamen Cappucci und Gebäck im Ort stehen wir am späteren Vormittag wieder in der Sonne beim Strobel. Heute darf die „Dibona“ in der Südostwand des Großen Falzaregoturms unsere Bekanntschaft machen. Und sind auch schon Seilschaften in der Tour, so haben diese bereits gut Vorsprung. Aus den ersten vier Seillängen machen wir dank 70m-Seil gleich mal zwei. Dann beginnt die eigentliche Kletterei – traumhafte Platten, ein ausgesetzter Quergang in steilem, löchrigen Fels und wieder eine feste 5er Verschneidung auf einen Pfeiler. Auch wenn hier und da eine Sanduhr oder Köpflschlinge zusätzlich gehängt wird, ist die Route sehr gut abgesichert. Noch über die Schlüsselstelle – ein kurzes Wandl zu Beginn der letzten Seillänge – und schon stehen wir am Gipfel. Nach Vinschgerl und Wurzn geht’s vorsichtig im 2er Gelände hinab zur Scharte zwischen Turm und Massiv, dann etwas schneller zum Parkplatz. Und während das Zelt in der Sonne trocknet, vermeiden wir eben jenes Austrocknen mit einem Bierchen inmitten des gold-gelben Lärchenrausches in den herrlich herbstlichen Dolomiten.
Robert & Kay
Tourendatum: 14-15.10.2017