Wilder Kaiser, Kopfkraxe, 2173, „Blue Moon,“ VI+

Im Grenzgebiet zwischen dem Hoch im Osten und dem Tief im Westen bewegen sich Kay und ich schwitzend dem Schneekar entgegen. Es ist noch nicht viel los zur frühen Tageszeit und so können wir fast ungestört die schöne Herbstfärbung des Buchenwaldes genießen. Knapp vor dem Wasserfall holen wir eine Münchner Seilschaft ein. Die wollen über den Sonneck Ost-Grat und sind mit einem Pickel bewaffnet!? Man kann dem Wetter gegenüber auch sehr pessimistisch eingestellt sein. Wir sind allerdings auch nicht unbedingt optimistisch und so nimmt jeder einen Rucksack mit Regengewand durch die Tour mit.

Der Einstieg ist rasch gefunden und ich starte in die erste Länge. Mittelmäßiger Fels bei sehr weiträumiger Sicherung ist angesagt. Auch die 2. Länge hat nicht gerade mit Traumfels aufzuwarten und 2 Haken auf 45 Metern sind auch nicht übertrieben. Dann aber: eine kurze knifflige Platte und nach einem kurzen Absatz eine gewaltige Wasserrillenplatte. Ich zwänge die Schuhe in die Rille und so geht es eigentlich sehr gut aufwärts, bis sich die Rille erweitert und der Schuh nicht mehr so sicher klemmen will. Es braucht dann schon etwas an Überwindung, diesen Umstand zu ignorieren und einfach drauf los zu klettern. Passieren kann nichts, die Sicherung ist gut. Kay genießt im Nachstieg und schon quert er zum nächsten Aufschwung. Dieser sei nur V-, dadurch ist der erste Haken erst in 10 Metern Höhe. 2 Friends entspannen etwas, aber ein ungutes Gefühl bleibt. Wir können das Topo nicht richtig interpretieren und so macht Kay den Stand vor der großen Verschneidung. Den verlegen wir dann etwas höher zum Original und ich darf mich die, lt. Beschreibung, schönste Verschneidung der Ostalpen hocharbeiten. Was soll man sagen, Piaz gehört nicht zu meinen Stärken und stöhnend und keuchend, mit etwas Geschummel, erreiche ich dann doch den Standplatz. Kay kommt etwas entspannter nach und so gibt es auch keinen Zweifel, dass er die nächste VIer Länge angeht. Auch hier schadet es ihm nicht, seine Elbsandsteinmobilesicherheitstechniken anzuwenden. Denn der Fels ist steil, die Bohrhaken vielleicht nicht immer optimal gesetzt und der Fels auch nicht immer fest. Auch die darauf folgende SL verlangt Vertrauen in große, abgesprengte Schuppen und fraglich wackelige Schüppchen. Die letzte schwerere Länge erinnert mich irgendwie an Karwendelfels, doch wie durch ein Wunder hält alles. Zum Schluss gibt es noch 2 leichtere Längen bevor wir uns die Hände schütteln dürfen.

Was freuen wir uns, dass das Wetter hielt und schon wackeln wir den Rucksäcken entgegen. Allerdings gefällt uns beim Abstiege das bunte Blattwerk der Buchen fast besser, als das Grau des steilen Felses.

Facit: Gar nicht so leichte Tour, die schöner gelobt wird, als sie wirklich ist.

Walter

Tourendatum: 30.9.2017