Dachstein, Koppenkarstein, „Mon Cherie“ VII+ (VII/Ao)

Ob wir einen Gondelplatz reserviert hätten? Neben einem Rudel Langläufer, deren Trainer gerade einige hundert Euro über den Kassentisch schiebt, fragt uns die Seilbahnkassiererin doch wirklich diesen eigenartigen Satz. Da wir zu verstehen geben, dass wir eh zu Fuß runter gehen bekommen wir gnadenhalber um 22,50 Euro eine Bergfahrt. Auch net schlecht. Dafür hat die Gondel auch ein Dachgeschoß und 2 stöckig geht es bergauf. Oben angekommen pfeift uns gleich ein kräftiger Wind ins Gesicht und treibt uns zum Glück die Tränen in die Augen, denn so können wir den zivilisatorischen Wahnsinn auf dem armen Dachsteingletscher nicht zur Gänze erkennen. Völlig under equipt stapfen wir entlang einer Schipiste dem Rosmariestollen entgegen und auf der anderen Seite erwartet uns die alpine Realität. Bock harter Schnee. Wir hanteln wir uns an einem gespannten Bergseil, mit Turnschuhen, in vereisten Tritten einen ca. 45 ° steilen Hang querend in Richtung Edelgrießscharte. Die letzten 100 Meter fehlt dann das Seil und wir müssen uns doch glatt anseilen und sichern, denn ein Abgang endet 1000 m tiefer. Das anschließende Kar ist sodann weich und wir können rasch zum Rucksackdepot queren. Nach einer schnellen Jause ist Peter auch schon am Weg, in Richtung Bergschrund. Wir müssen den Einstieg ein wenig suchen, denn es ziehen zahlreiche Touren aufwärts. Doch als wir unsere gefunden haben friert unser Lachen nicht nur wegen des Schnees ein. Poah! Die zieht aber ordentlich rauf. Im Kneifen bin ich Spezialist und überzeuge Peter, dass die daneben liegende „Merci Cherie“ wahrscheinlich die schönere Einstiegsvariante ist. Peter greift an, aber er kämpft im VI+. Der Fels ist für uns sehr ungewohnt, fast kletterfeindlich. Dementsprechend erscheinen auch die Hakenabstände unendlich weit. Nun darf ich in die Originaltour führen und mit IV-V ist dies auch machbar. Für Peter habe ich die nächste VII+ übrig gelassen, in die er auch sofort startet. Aber irgendwie kommen wir nicht in Schuss. Knifflige Wandkletterei mit hohen Aufstehern. Und schon wieder diese unendlich weiten Hakenabstände. Die abschließende VII er Wasserrille umgeht Peter mit einem Seilzugquergang, hinten nach quäle ich mich die Rille hinauf. Nun eine VII+ für mich, aber das wird selbstverständlich im Alpinstil bewältigt. Schlinge her und oben ist der Mensch. Die nächste VII+ packt Peter souverän, aber irgendwie verstehen wir es nicht, warum man eine Tour durchbohrt und plötzlich muss bei Wasserrillen ein Friend zum Einsatz kommen. Diese 2 Bohrhaken wären auch noch drinnen gewesen. Über einen Pfeiler müht sich Peter nun noch im VII- ca. 15 Meter zum Stand und hat genug für heute. Die letzte SL geht an mich, doch irgendwie sind den Erstbegehern nun wirklich die Haken ausgegangen. Nach 7-8 Meter im V+ erreiche ich eine fingerdicke, leicht brüchige, gefädelte Sanduhr und nun zieht ein links hängender Riss, ohne erkennbare Tritte, weitere 5 Meter bis zum nächsten Bohrhaken . Kurz probiert und Danke! Das war`s. Zu schwer für mich. Ich möchte weiter leben und beschließe mein Glück entlang einer Rampe links des Risses zu finden. Doch auch hier ist für mich kein Weiterkommen. Also Rückzug. Die Stände sind zum Abseilen sehr gut hergerichtet und schon bald schwimmen wir im weichen Schnee talwärts, was überraschend gut geht, sodass wir nach 45 Minuten wieder beim Auto sitzen.
Das alpine Klettern unterscheidet sich doch etwas vom Plastikgriff schaukeln!
Walter
Tourendatum: 11.6.2017