Tennengebirge, Werfenerhütte

Die Kaltfront zieht langsam ab und hinterlässt einen ordentlichen Haufen Schnee. Ganz plötzlich , von einem Tag auf den anderen, ist die Klettersaison beendet. Traurig irgendwie. Und um der Melancholie auszuweichen hilft nur eines: „Wassertragen auf die Werfener-Hütte“. Dies mach ich als DVT ( Donnerstag-Vormittag-Tour) mit Leidenschaft. Noch steckt das Tennengebirge in einer grauen Nebelsuppe. Wie an einem klassischen Novembertag ist die Stimmung so knapp nach acht in der Früh. Ich bemühe mich langsam zu gehen, aber es gelingt nicht. Gedankenverloren ertappe ich mich immer wieder im leichten Laufschritt. Es gibt auch nichts, was mich bremsen würde. Aussicht ist gleich null und die grau-grünen Bäume mit etwas Schnee auf den Zweigen sind nicht gerade der „Burner“, wie meine Kinder sagen würden. Doch irgendwann breche ich dann doch durch die Wolkendecke und dann geht es schnell. Das Himmelblau verdichtet sich und von der Ferne winkt mir der Werfener Hochthron im frischen Winterkleid zu. „Ich komme ja schon!“ möchte man ihm zurufen und nun ist mir der Schritt plötzlich zu langsam. Lebensfreude dringt einem durch und durch. Schneller, schneller, aufi muas i! Am Brunnen lungern unter einer Schneehaube die Wasserkanister und warten schon sehnsüchtig aufs Mitgenommen werden. Schnell das frische Nass eingefüllt und im Gehen wird der Deckel zugeschraubt. Die Sonne scheint blendend auf den frischen Schnee, einfach herrlich zum Anschauen. Der erste Schnee im Jahr ist doch der Schönste. Langsam nimmt die Schneedecke an Höhe zu, doch der meanderförmig sich hochwindende Steig ist fast gänzlich aper. In der Ferne entdecke ich den Hüttenwirt Gerhard mit großen Schritten abwärts sausen. Kurzes, aber herzliches Gespräch und jeder geht wieder seiner Wege. Nach einer Stunde komme ich an der Hütte an. 15 cm Neuschnee zieren Tische und Bänke. Ich gehe in die Küche und werde freundlich vom Sherpa Mingma begrüßt. Dieses Jahr ist er mit seinem Neffen hier, bevor er Ende Oktober wieder nach Nepal fliegt und Gäste um die Annapurna führt. Schon bald steht ein dampfender Kaffee am Tisch und heimelige Stimmung kommt auf. Hier könnte man bleiben. Doch leider drängt der Beruf zum Aufbruch. Herzliche Verabschiedung, denn in diesem Jahr werden wir uns wohl nicht mehr sehen. Doch der nächste Frühling kommt bestimmt. Hurtig geht es wieder talwärts und ich genieße noch die Minuten über der Nebeldecke, bevor mich die Herbstmelancholie im homogenen Grau wieder einfängt. Bleibt nur zu hoffen, dass der angekündigte Föhn doch noch die eine oder andere Klettertour ermöglicht.

Walter

Tourendatum: 13.10.2016