Hochkönig, Großer Bratschenkopf, „Weg der Chaoten“, VI+/VII-

Als letzte große Tour im Jahr wollten wir noch einmal dem Hochkönig einen Besuch abstatten. Ganz überraschend möchte Peter schon um 4.30 starten! Ist mir recht, denn vor großen Touren schlafe ich sowieso immer schlecht. Noch stockfinster starten wir bei der Kopphütte und wandern in den Morgen hinein. Vom Königsjodler Klettersteig blitzt aus ca. mittlerer Höhe eine Taschenlampe auf. Na die sind auch früh dran.
Am Einstieg präsentiert sich der Bratschenkopf in schönstem Orange und am laufenden Seil starten wir über den Plattenschuß zur ersten VI+ Länge. Rechts zieht die „Freier als Paul Preuß“ empor, links dürfen wir uns über einen etwas brüchigen Überhang plagen. Zum Glück stellt sich Peter der Herausforderung, aber er kämpft. Vielleicht auch wegen der , vom Steinschlag, arg zerschundenen ersten 3 Bohrhaken. Hinten nach verstehe ich seinen Kampf und arbeite mich langsam höher. Weiter geht es mit IV, der Fels ist allerdings für Hochkönigverhältnisse ziemlich wankelmütig. Peter darf nun erneut einen VIer führen und der hat es ebenfalls in sich. Die 15 Meter VI- fallen an mich, allerdings ist diese SL als Quergang eingezeichnet, in Wirklichkeit zieht sie gerade über eine senkrechte Wasserrillenplatte nach oben. Poah, ganz schön kräftig, oder sind wir den Fels hier nicht mehr gewohnt. Dennoch kommen wir zügig voran. Peter führt uns an eine Wasserrillenplatte, die schier endlos ( ganze 2 SL) in den Himmel strebt. 3 Bohrhaken auf 45 Meter lassen auch einen stattlichen IV+ anspruchsvoll erscheinen, die anschließende V+ Länge von Peter ist allerdings im Nachstieg der reine Genuss. In der Wasserrille kann man fast leiterartig nach oben spazieren. Allmählich legt allerdings der Fön an Stärke zu. Am laufenden Seil gehen wir weiter, ein brüchiger Pfeiler braucht wieder mehr Aufmerksamkeit und wir bemerken nicht, wie sich der Gipfel zunehmend einnebelt. Erst in der Schlucht, welche als Startpunkt für die obere, anspruchsvollere Wandhälfte dient, wird uns zitternd klar, so kommen wir da nicht hinauf. Wir warten ein wenig, aber die Gipfelwand wirkt schwarz und bedrohlich. Windböen fahren unter den Anorak. Im Topo gäbe es hier einen Fluchtweg nach rechts oben im III. Grad. Aber bei diesen Verhältnissen wirkt der auch nicht wirklich einladend. Somit entscheiden wir uns schweren Herzens für den Rückzug. In unserem Alter brauchen wir solche Zitter und Angstabenteuer eigentlich nicht mehr und somit geht es abseilend und tlw. abkletternd 12 SL wieder hinunter. Wie zu erwarten ist bei der Ankunft am Wandfuß das Wetter natürlich wieder in Ordnung, aber man erkennt wie höhere Wolken rasch über den Gipfel ziehen. Im Abstieg schauen wir etwas wehmütig zurück, denn die Wand präsentiert sich nun in schönstem Sonnenlicht. Aber eigentlich gibt es positive Punkte zu erwähnen: 1) sind wir gesund wieder runter gekommen und 2) gibt es ein Ziel fürs kommende Jahr.
Walter
Tourendatum: 1.10.2016