Hagengebirge, Tristkopf 2110m

Die dicke Wolkendecke drückt aufs Gemüt. Da heute mit Klettern wohl nichts Gescheites machbar ist, lockt mich der Blick auf die WebCams zum Wandern.
Der Tristkopf ist als Herbstwanderung immer ein guter Tip, auch wenn man zuerst durch ein hässliches Schotterwerk gehen muss.
Der Umgang des Menschen mit der Natur lässt einen nachdenklich werden. Stimmungsaufhellend wirkt auch nicht die benachbarte Motocrossbahn, welche einen Höllen Lärm die Berghänge hinaufschickt, unterstützt durch einen Hubschrauber, welcher im Schotterwerk am Fuße des Tennengebirges offensichtlich Seilübungen durchführt.
Und trotzdem ist der Anstieg schön, schön steil und damit kommt man rasch aufwärts. Die Steilheit lässt keinen gleichmäßigen Schritt zu und so komme ich ganz ordentlich ins Schwitzen. Nach der halben Wegstrecke werden die leichten Laufschuhe gegen stabilere Halbschuhe gewechselt und Gamaschen angelegt. Der Schnee meldet sich an, allerdings wesentlich weniger als erwartet. Und da, ganz plötzlich ist der Moment gekommen, in dem man die Nebelobergrenze durchstößt und in die wärmenden Sonnenstrahlen eintaucht. Herrlich! Schneegestaubte kleine Lärchen stehen zwischen den Latschen im Geröllkar herum. Der sonnenbeschienene Fels ist überwiegend trocken und schon denke ich wehmütig an einen eventuell verpassten Klettertag. Doch Gott sei Dank kommt 100 Hm später ein kräftiger SW-Wind auf und schon bin ich froh, nicht klettern zu müssen. Wie ich so dahinträume schlägt urplötzlich, ohne Vorwarnung, ein kopfgroßer Stein knapp neben mir in den Weg ein. Ach so! Die Gämsen wollen mich begrüßen! Ein paar Schwangere schauen neugierig zu mir herunter und schon sind sie wieder weg. Zum Glück.
Nach dem Karaufschwung steht man ziemlich unvermittelt auf dem Hochplateau und in ca. 10 cm Neuschnee. Eine rutschige Angelegenheit auf dem langen Gras. Mit Laufen geht hier nichts, wäre aber gut, denn der kalte Wind ist wirklich unangenehm. Trotzdem lasse ich mich beim Gipfelkreuz nieder und genieße das tolle Panorama. Selten einen so schönen Ausblick hier gehabt. Nur die Dohlen fehlen heute. Na, dann muss ich den Speck wohl alleine verzehren.
Nach 10 Minuten muss ich dann leider doch wieder aufbrechen, denn die Zehen sind schon ziemlich kalt. Nur widerwillig kehre ich in die Nebelsuppe zurück und eile so rasch als möglich talwärts. Die Motocrossbahn und der Hubschrauber haben schon auf mich gewartet. Es lebe die Zivilisation L.
Walter
Tourendatum: 17.10.2015