Traunstein 1691 m, „Kaffee und Kuchen“, VII+ (?), (VII-/A1)

Vor einer Woche noch Frieren am Hocharn bei der Schitour und nun knapp vor dem Hitzschlag beim Abstieg vom Traunstein!
Endlich stabilisiert sich das Wetter, und doch liegt noch viel Schnee auf den Bergen, weshalb ein niederes Ziel für die Gott sei Dank 1. Klettertour in dieser Saison gewählt werden muss. Das neue Buch „Long Lines“ bringt neue Ideen mit sich und so stellt sich die Traunstein West-Wand mit der Route „Kaffee und Kuchen“ mit 30 SL als ideal dar.
Ohne Überredungskünste steht Peter um 4.30 parat und um 7.00 Uhr können wir in die Tour bereits einsteigen. Ein sehr schottriges Bachbett lässt Zweifel über die Felsqualität aufkommen. Einfach nicht darüber nachdenken und los geht es am laufenden Seil. Die ersten SL sind leicht und somit haben wir nach 1 ¼ Std. bereits 7 davon hinter uns gebracht. Doch dann wird’s ernst (auch nur im weitesten Sinne, denn die Absicherung ist perfekt). Für VI+ und VII- wird es ganz schön zackig und die 11. SL, ein kräftiger Quergang, kann von mir nur mit mehrmaligem Zwischenrasten bewältigt werden. Eine kurze Verschnaufpause mit 4 leichten Längen kommt uns nur recht und ein kleines Plätzchen zum Jausnen steht auch zur Verfügung. 3 Stunden für 15 Längen wecken Freude über eine rasche Begehungszeit und durchgehende Schattenkletterei. Doch nun beginnt der wahre Kraftakt. Fast durchgehend zwischen VI+ und VII zieht es aufwärts. Es braucht vollen Einsatz und selbst Peters Kräfte schwinden von Länge zu Länge. Die VII+ SL fällt an mich und nur meine technischen Tricks in Kombination mit der guten Absicherung lassen mich höher kommen. Peter muss im Nachstieg zwar 2mal rasten, aber es ist für mich trotzdem begeisternd, wie er das immer wieder ohne Hakenhilfe schafft.
Nun, nach der 25. SL, könnte man durch einen natürlichen Fluchttunnel leicht aus der Tour ausqueren, aber aufgeben gibt es nicht. Am letzten Hemd kämpfen wir uns nochmals mit 3 VI+ SL zum Ausstieg durch. Das interessante bei dieser Tour ist, dass es sich nicht um schwere Einzelstellen handelt, sondern die SL durchgehend schwer sind. Somit ist der Gipfelhändedruck nach 9 Stunden Kletterzeit nicht mehr kräftig, sondern erinnert eher an das vorsichtige Zusammenlegen von nassen Waschlappen.
So, nun aber in Richtung Traunsteiner Hütte! Die Fahne sieht man schon wehen. In einer ¼ Stunde sollten wir dort sein, doch wir verlieren den Pfad und verenden in den Latschen. Peter zweigt links ab , ich rechts. Schon glaube ich erfolgreich zu sein, da höre ich plötzlich ein Fauchen und eine ordentliche Kreuzotter quert meinen schmalen Weg. Ich lasse sie vorbei, doch am rechten Wegesrand bleibt sie liegen. Nachdem ich las, Schlangen würden schon durch die Vibrationen des Weges durch einen Wanderer verschwinden, wollte ich durch 2 maliges Aufstampfen die Schlange zum Weiterkriechen bewegen. Doch was tut das blöde Trumm! Sie dreht sich blitzschnell um und faucht massiv mit erhobenem Kopf und sprungfederartig gespanntem Körper. Damit habe ich nicht gerechnet und weiche zurück, damit sie sich beruhigt. Doch sie beruhigt sich nicht! Na dann eben mit einem Steinwurf und noch einen und noch einen. Die wird aber immer grantiger; auch abgerissene Latschenzweige hingeworfen vertreiben sie nicht. Als friedfertiger Mensch weiche ich der Gewalt und kämpfe mich in Peters Richtung und siehe da, ein Pfad ist wieder gefunden und 10 Minuten später sitzen wir bei unserem Getränk auf der Hütte. Nun nur noch schnell über den „Naturfreundesteig“ runter und fertig. Aber hier zeigt uns die Sonne, was sie drauf hat. Knapp vor einem Hitzschlag erreichen wir den Traunsee und so schnell kann man gar nicht schauen reißen wir uns die Kleider vom Leib und rein in die Fluten. Das Leben kann so schön sein!
Bei der Heimfahrt resümieren wir, dass die Tour gar nicht so schön war und um ½ Grad, mindestens, unterbewertet war. Das wissen wir nun und hätten uns sicher geärgert, wenn wir sie nicht gemacht hätten. Was wir am Samstag allerdings klettern ist uns auch schon klar. Steil fest und ein bisschen schwer.
Walter
Tourendatum: 4.6.2015