Steinernes Meer, Buchauer-Scharte-Selbhorn 2655 m

Der Vorabend benötigt schon einiges an Überredungskunst, um Peter zu einer südseitigen Schitour zu bewegen. Noch schwieriger gestaltet sich die Diskussion um den Abfahrtszeitpunkt. Es wird um jede Minute gefeilscht, denn er ist ein gewohnheitsmäßiger Spätaufsteher, was ich überhaupt nicht verstehe. Somit einigen wir uns auf 6.15 Uhr Abfahrt, was so viel heißt wie, er holt mich um 6.30 ab. Um 8.00Uhr marschieren wir somit in Maria Alm bei -11 Grad los.

Ein Geschimpfe und Gezeter. Wir sind viel zu früh dran, es ist viel zu kalt und Firn gibt es sowie so keinen. Die Devise lautet, einfach ignorieren und losmarschieren. Das ganze beruhigt sich normaler Weise nach 15 Minuten. Und so ist es auch. Der Geruch von Frühling liegt schon in der Luft. Die Bergspitzen leuchten im hellen Morgenlicht. Einfach traumhaft.

So nach einer halben Stunde schließen wir allmählich bei einer 10-köpfigen Mannschaft auf. Nichts wie vorbei denken wir uns. Diese Großgruppen schleichen üblicherweise lärmend aufwärts und davon wollen wir verschont bleiben. Peter schafft das Überholmanöver noch gut, doch bei Renate und mir geben die Knaben plötzlich Gas. Renate fällt zurück und ich schiebe mich gar nicht so schnell wie gewohnt an ihnen vorbei. Der Frontmann macht einen ziemlich tierischen Eindruck, aber ein Sicherheitsabstand ist bald herausgeschunden. Das Gelände steilt auf, ein kurzer Sicherheitsblick zu meinen Verfolgern, aber , oh Schreck, die haben mich schon fast wieder eingeholt und sind in alle Richtungen ausgeschwärmt. Wie eine Hundemeute jagen sie hinter mir her. Ich kann sie nicht abschütteln und beim Anlegen der Harscheisen marschieren alle, wirklich alle an mir vorbei. Ihre Harscheisen legen sie im Gehen an und müssen dafür praktisch nicht stehen bleiben. So etwas ist mir noch nie passiert.

Peter ist schon weiter voraus, aber auch er wird vom Spitzenmann eingeholt. Nun aber nichts wie nach. Langsam komme ich wieder heran und ein förmliches Wettrennen wird in die Buchauerscharte veranstaltet. Aber irgendwie haben wir alle unseren Spaß dabei. Bei den Überholmanövern gibt es immer freundliche Blicke und so treiben wir uns in Rekordzeiten hinauf. Beim flacher werden des Anstieges habe ich praktisch die gesamte Truppe, bis auf den Spitzenmann wieder hinter mir und auch Peter ist in Greifweite. Nur Renate sehe ich aus dem Augenwinkel noch weit unten. Aber wir können nicht stoppen. Peter zieht sofort in der Scharte wieder durch und nord-ost-seitig ziehen wir in Richtung Selbhorn davon. Harsch geht über in Pulver. Kräftiger Südföhn kommt auf. Wir verfolgen eine alte Spur und als wir den Schlußhang zum Selbhorn sehen, entscheiden wir uns für einen Vorgipfel. Bei dem starken Wind und dem schattigen Gelände, welches für uns eingeweht wirkt, haben wir keine Lust weiter zu gehen.

Und wie wir da so stehen und uns umziehend auf Renate warten, kommt auch schon wieder der Läufertrupp daher. Doch sie teilten sich. Der Großteil kommt zu uns, aber 3 von Ihnen spuren in Richtung Selbhorn. Gespannt sehen wir ihnen zu, wie sie sich langsam höher arbeiten. Nach dem Schidepot kommt noch heikles Gehgelände, welches sie ebenfalls gewissenhaft angehen. Wir haben noch immer keine Lust darauf, insbesondere, da der Wind noch zulegt. Schließlich fahren wir ab, denn Renate kommt nicht daher. Etwas besorgt treffen wir sie dann Gott sei Dank nach ca. 200 Hm. Also wieder auffellen und erneut hinauf. Allmählich kommen wir wieder in den Aufstiegsrhythmus, da rennt plötzlich ein junger Berchtesgadener an mir vorbei, dass ich erst gar nicht überlegen muss, ihm zu folgen, denn diese Geschwindigkeit ist für uns unerreichbar. Jaja, man wird nicht jünger. Inzwischen schaut allerdings der Schlußhang zum Selbhorn wesentlich freundlicher drein und Suren sind auch schon drin, warum also nicht die Tour zu Ende bringen. Im gepresstem Pulver geht es mittelsteil bergan und am Depot holen wir den Bayrischen wieder ein. Freundlich schließt er sich uns zum Gipfelgang an, denn er ist ortsunkundig. In den guten Fußstapfen der Vorgänger geht es zügig aufwärts, allerdings ist bei der Ausgesetztheit ein Ausrutschen verboten. Zum Schluss ist noch ein kleiner Überhang zu überklettern und wir sind am Gipfelkreuz.

Ein windstiller Traum, Fernsicht bis Ende nie. Nach kurzer Rast geht es auch schon wieder talwärts. Sehr schöne Pulverhänge erwarten uns, dann ein kurzer Gegenanstieg zur Buchauerscharte und dann über 1000 Hm perfekter Firn. Auch die anschließende Forststraße ist in Firn zu haben und beim Auto muss Peter dann doch zu geben, dass sich das früher Aufstehen lohnte.

Walter

Tourendatum: 14.2.2015