Hohe Tauern, Granatzspitze, 2086, Stubacher Sonnblick, 3088, Hochfilleck, 2943m

Christoph hat sich vor kurzem angekündigt, er möchte wieder einmal etwas Längeres mit mir unternehmen. Mein Vorschlag vom Enzingerboden aus ein wenig Gipfelsammeln scheiterte daran, dass er seine Schi mit Schuhen im Tennengebirge stehen hat, da er die letzten Wochen immer die selbe Tour ging und auf Grund der hohen Schneegrenze diese dort deponierte. Ich hätte mich ja umstimmen lassen, aber als die Antwort auf mein Angebot, ich würde ihn in der Früh mit dem Auto abholen, kam, nein, wir fahren natürlich mit dem Fahrrad dorthin, war mir klar, dass die Option 80 Km Radfahren und 800 HM Schi tragen für 800 HM Schifahren nicht die richtige für mich ist. Somit startete ich alleine in den Pinzgau. Auch an der Talstation war es menschenleer. Die Weißseebahnabfahrt geht noch bis zum Parkplatz und so kann ich schon beim Auto meine Schi anschnallen. Allmählich nähere ich mich der Rudolfshütte, aber dichter Nebel verhindert noch den Blick auf meine Ziele. An der Rudolfshütte herrscht plötzlich geschäftiges Treiben. Wie Ameisen aus einem angestochenen Ameisenhaufen ergießen sich plötzlich Massen an Tourengehern in Richtung Sonnblick. Bei der Abfahrt zum Weißensee habe ich natürlich die Felle drauf, die Anderen nicht. Und so kommt es, dass ich als letzter dort ankomme. Aber schon bald trennt sich der Weizen von der Streu und die Schitellerabrücke in der frisch angelegten Spur werden immer weniger. Zu guter Letzt habe ich die Spurmannschaft eingeholt und setzte mich an die Spitze. Schließlich bin ganz allein, der Nebel reißt auf und ich beginne den jungfräulichen Hang des Sonnblicks an zu spuren. Doch nach der 1. Spitzkehre bremst mich plötzlich mein Gewissen. Was, wenn der steile Hang nicht hält? Minutenlang stehe ich da, mache einen Schritt, sondiere ein wenig herum, wieder ein Schritt im knietiefen Schnee. Inzwischen kommen meine Verfolger nach. Auch sie bleiben stehen und sehen mir zu. Schließlich drehen sie ab und gehen zur Granatspitze. Das ist auch für mich der Auslöser, abzudrehen und gehe ihnen nach. Natürlich habe ich sie gleich wieder überholt und bald klettere ich den ansetzenden Grat zum Gipfel. Dort angekommen entdecke ich gerade einen Kandidaten, der ohne zu zögern den Sonnblickhang angeht und in Karawanen folgen ihm die weiteren Aspiranten, ohne Sicherheitsabstand oder auch nur kurz zu zögern. Ich bin doch ein Hosenscheißer geworden, oder kann ich mein Lawinenunglück vor 15 Jahren nach wie vor nicht vergessen. Natürlich gehe ich nun auch, nach den 30 Personen vor mir, auf den Sonnblick, als 2. Gipfel des heutigen Tages und fahre als 2. ab. Guter Pulver bringt mich rasch zum Aufstieg des Hochfillecks. Dort merke ich dann doch, dass ich heute schon etwas getan habe. Am Gipfel sitzend bemerke ich, wie ein Bergführer ostseitig mit seiner Gruppe in unverspurte Hänge abbiegt. Na. Die müssen ja auch wo hinkommen und so folge ich 15 Minuten später. Traumhaft staubt es, ein Hang nach dem anderen. Vor dem Schlusshang hole ich die Gruppe ein und gratuliere zu der schönen Variante. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, der Bergführer möchte mich sogleich fressen. Bevor er den Mund aufmacht fahre ich bereits weiter und erreiche wieder die Weißseeabfahrt.
Walter
Tourendatum: 17.4.2014