Hochkönig, Torsäule, „Opera vertical“, VII+/Ao ( VIII+)

Man könnte meinen, ich wäre einseitig, da uns das Kletterfieber schon wieder zum Hochkönig treibt, aber Peter wollte es diesmal wieder einmal wissen. Die „Opera vertical“ schlägt er als heutiges Tourenziel vor. Er sei diese Tour bereits vor 12 Jahren geklettert und beschreibt sie mir als nicht allzu schwierig und gut gesichert.
Ein wenig mulmig ist mir bei diesem Gedanken schon, aber es sei eine der besten Kletterrouten am Hochkönig und das will ich mir doch einmal ansehen.
Trotz perfektem Wetters sind nur wenige Leute unterwegs, besonders Kletterer sind rar. Umso mehr wundert es uns, dass genau in unserer Tour eine 2. Seilschaft einsteigt. Mir ist in der ersten Seillänge sofort klar, dass wir die jungen, muskelbepackten Kletterer im Zweifel vor lassen.
Die Tour beginnt gleich mit VIII+ und Peter kämpft sichtlich. Mir geht es hinten nach wesentlich schlechter und so müssen doch einige Haken her halten. Die 2. SL mit VI+ bereitet keine Probleme und der Fels zeigt sich von seiner besten Seite. Das soll sich im Weiteren auch nicht mehr ändern. Die nächste SL mit VIII+ meistert Peter perfekt, was ich von meiner VIII-SL nicht behaupten kann. Mit allerlei Tricks mogle ich mich, an der Grenze des für mich Möglichen, nach oben. Auch Peter kämpft und mogelt. Offensichtlich liegt Peter der Vorstieg mehr, denn die folgende VIIIer Länge gelingt ihm mit 2 mal Rasten sehr gut.
Nun soll es leichter werden, das heißt: VII+. Tapfer kämpfe ich mich nach oben, mit einem gelungenen Schlingenwurf über ein kleines Zäpfchen gelingt es mir eine schwierige Stelle zu überlisten, aber dann bin ich mit meinem Latein und vor allem mit meinen Kletterkünsten am Ende. Eine senkrechte, zwar raue, aber grifflose Platte bringt mich zur Verzweiflung. All mögliches wird probiert, inklusive Schlingensteigen, aber es fehlt jedes Mal ein Meter zum nächsten Haken. Entkräftet muss ich Peter bitten, dieses Problem zu lösen. Im Schlingenstand hängend kann ich Peters Gang an der Sturzgrenze gespannt verfolgen. Schon sehe ich seine Sohlen abschmieren, aber immer wieder findet er ein neues Griffelchen oder ein Trittchen um weiter zu schleichen. Als er am Stand ankommt schwitze ich wahrscheinlich mehr als er. Hinten nach geht es überraschend gut, aber ich merke wie die Kräfte langsam schwinden. Zum Glück konnten wir unsere Verfolger abhängen denn noch liegen 2 VIIer-Längen vor uns. Diese wirken aber eher leicht im Vergleich zum Vorhergehenden. Dennoch benötigt es die letzten Kraftreserven, denn die Finger schmerzen vom rauen Fels und die Hakenabstände sind mit 7-10 Metern doch ganz ordentlich. Die Gipfelwand bietet noch einmal perfekten Fels und erleichtert, aber mit zittrigen Oberschenkel kann ich Peter schließlich am Gipfel für die tolle Tour danken.
Im Abstieg gehen mir die Schlüsselstellen noch mehrmals durch den Kopf und wieder einmal fasse ich den Entschluss, mehr zu trainieren.
Der obligatorische Kaffee mit Nussstangerl auf der Mitterfeldalm rundet diesen wunderschönen Herbsttag ideal ab.
Walter
Tourendatum: 6.10.2012