Winterexpedition zum Ararat-5165m – Türkei 1990

Der türkische Verband für Alpinismus führte vom 16. Feber bis 2. März 1990 eine Winterexpedition zum Ararat- 5165m durch. Durch meinen Freund Robert Renzler – Alpinreferent beim Österreichischen Alpenverein- bekam ich eine Einladung. Meine Aufgabe bei diesem Unternehmen war die türkischen Teilnehmer in Schnee -und Lawinenkunde zu unterweisen, sie bergsteigerisch zu beobachten und sechs Teilnehmer für eine geplante Expedition zu einem Sechstausender im Himalaya auszusuchen. Die Expeditionsteilnehmer unserer Bergfahrt kamen aus 1 x Pakistani, 1 x Italien, 2 x Deutsche 10 x Türken und 6 x Österreicher (diese sind: Gerald Daxner- Steinbach, Susi Knabl- Imst, Dietmar Wiesenthaler- Wörgl, Robert Mayerhofer- Jenbach, Rolf Widerhofer- Mils mit Samojeden Ninuk und meine Person)
Der Flug von Innsbruck über Wien-Istanbul nach Ankona war problemlos. In Ankara, im Hotel Karyagadi traf sich die gesamte Gruppe. Am Samstag, den 27. 02. um 23.°° Uhr starteten wir mit dem öffentlichen Linienbus, in welchem ein Teil für uns reserviert war (für Teilnehmer, Gepäck und Hund Ninuk). Anfänglich regnete es stark, dieser Regen ging später in starken Schneefall über und zu allem Überfluss hatten wir bei diesem Wetter noch einen Reifendefekt bei dem wir gleichzeitig auch noch die Schneeketten anlegen mussten. Das Wetter wurde noch schlechter, es kam starker Wind und Nebel dazu. Der Fahrer benötigte eine Schibrille, welche ich im geliehen habe, um die Konturen der Straße besser zu erkennen, dies nützte jedoch nicht besonders viel. Am Sonntag gegen Mittag erreichten wir einen ca. 2200 Meter hohen Pass mit einer kleinen Funkstation. Vorerst war die Fahrt hier zu Ende. Orkanartiger Stürme mit starkem Schneefall, Nebel und keinerlei Sicht machte die Weiterfahrt unmöglich. Der Bus wurde schnell zu einem Eisschrank. Am Montag um 2.°° Uhr früh ging die Fahrt ca. 5 Meter hinter einem Schneeräumfahrzeug weiter, bis ins Erzincan, wo alle Straßen wieder gesperrt waren. Am späteren Abend, so gegen 21.°° Uhr fuhren wir los und kamen am Dienstag um 7.°° Uhr nach 56 stündiger Fahrzeit in Dugubayazit auf ca. 1600 Meter Seehöhe an. Nach ein paar Stunden Ruhepause besichtigten wir ein Schloss und am Abend hatte ich den ersten Unterricht über Schnee- und Lawinenkunde, wo ich auch noch einige Dias zur Untermalung zeigte,
Am nächsten Morgen den, Mittwoch 21.2 war das Wetter bedeckt, wir sortierten unsere Ausrüstungsgegenstände und packten zusammen Nach einer Lagebesprechung wurden Teilnehmer und Gepäck auf einen offenen Lastwagen verladen und die eigentliche Expedition
Begann.Die Fahrt ging nach Eli, einem kleinen Weiler an der Südseite des Ararat`s. Dieses gesamte Gebiet ist militärisches Sperrgebiet und so wurden wir auch von Soldaten begleitet. Bei .der ersten Steigung vor Eli blieben wir trotz schieben und ziehen unseres Lastwagens im Schnee und Morast einfach stecken. So mussten wir ca. 1 Stunde lang durch 20 cm tiefen Neuschnee zu einer großen Höhle aufsteigen und in dieser unser Nachtquartier, teils im Freien und teils in Zelten beziehen. Hier wurde noch fest aufgekocht und dazu über unseren Weiterweg diskutiert.
Früh Morgens, es ist Donnerstag, der 22. 2, das Wetter ist heiter und kalt. Wir steigen mit den Schiern zum Lager 1, auf ca. 3200 Meter, auf. Die türkischen Teilnehmer waren zu Fuß unterwegs, was erheblich beschwerlicher für sie war. Sie brachen immer wieder ein und waren daher auch viel langsamer. Bei allen Teilnehmern machten sich auch die schweren Rucksäcke bemerkbar. So gegen 14.°° Uhr ereichten wir unseren Lagerplatz und begannen umgehend unsere Zelte aufzustellen, denn wir wussten, dass es gegen 18.°°Uhr dunkel wird. Die Nacht wurde „saukallt“.
Es ist Freitag, der 23.02., das Wetter ist sehr schön und sehr kalt. Unter den Teilnehmern war eine Diskussion ausgebrochen, die türkischen Bergsteiger wollten den praktischen Teil der Schnee- und Lawinenkunde absolvieren und der Rest der Gruppe zu Lager 2 aufsteigen. Nachdem der Wetterbericht für die nächsten Tage gut war, entschlossen wir uns für einen Ausbildungs- und Akklimatisationstag. Es wurde fleißig geübt und gegraben.
Am Samstag den 24.02.gings bei sehr schönem und kaltem Wetter weiter ins Lager 2, wir wieder mit unseren Schiern, die Türken wieder ohne. Auf ca. 4200 Meter schlugen wir die Zelte auf. Es wurde die Tourenplanung für die Gipfelbesteigung besprochen und viel gekocht.
Leider gab mein Kocher den Geist auf, vermutlich wegen Verwendung von falschem Benzin. Die Nacht wurde trotz weiblicher Beischläferin extrem kalt, wir hatten im Zelt unter minus 20° Celsius.
Am Sonntag, den 24.02, war’s soweit.Bei herrlichem, sehr kaltem aber windstillem Wetter starteten wir gegen 8.°° Uhr in Richtung Gipfel, diesmal aber Alle ohne Schi, denn der Schnee war erstens sehr verblasen und zweitens ganz hart. Der Anstieg war nicht besonders schwierig, nur kurz unterhalb des Gipfelplateaus war eine Querung, welche auf Grund der Schneehärte etwas mit Vorsicht anzugehen war. Hier wollten die türkischen Freunde, dass wir eine Seilversicherung aufbauen. Ich zeigte ihnen, wie man mit der richtigen Ausrüstung und der richtigen Anwendung bzw. Handhabung derselben ohne Versicherung des Geländes gefahrlos diesen Quergang überwinden konnte.So erreichten wir alle gegen 13.°° Uhr den Gipfel des Ararat (auf türkisch Agri Dagi) mit seinen stolzen 5165 Meter Höhe. Die Temperatur war auf ca. -30° Celsius abgesunken, aber da es windstill war, konnten trotz dieser tiefen Temperaturen die herrliche Aussicht genießen. Beim Abstieg hatten einige Teilnehmer mit dem hartgefroren Schnee ein wenig Probleme. Trotzdem erreichten wir alle gegen 17.°° Uhr gesund unser Lager 2. Hier herrschte große Freude über die gelungene Gipfelbesteigung.
Der nächste Tag, dies war der Montag, der 26.02, begann mit abbauen des Lagers sowie wiederverstauen unserer Ausrüstung. Wir fuhren mit unseren Schiern ins Lager 1 ab. Wir Schifahrer legten eine Pause ein da wir ja wieder auf unsere Fußgänger warten mussten, welchebei ihrem Abstieg immer wieder tief zwischen den großen Steinen einbrachen. Nach deren eintreffen im Lager 1 ging’s weiter Richtung Eli, der Schnee wurde weicher und auch weniger, sodass auch wir die letzte Stunde bis zur Strasse unsere Schier tragen mussten. In Eli erwarteten uns bereits wieder unsere Soldaten, welche für unseren Schutz abgestellt waren. Auch unser Lastwagen war schon abfahrbereit. Ich ging noch unseren türkischen Fußgängerfreunden Richtung Lager 1 entgegen, um ihnen beim Abtransport ihrer schweren Lasten helfen zu können. Gegen 16.°° Uhr, war es dann soweit, dass wir mit unserem Lastwagen wieder zurück nach Dugubayazit ins Hotel fuhren. Dort angekommen füllte ich erstmals meinen Flüssigkeitshaushalt auf Normalstand auf, denn ich hatte ja seid Samstag als mein Kocher den Geist aufgegeben hatte kaum mehr etwas getrunken. Anschließend ging’s ins Zimmer und unter die Dusche. Am Abend saßen wir Alle noch gemütlich beim Abendessen zusammen und wir feierten unseren schönen Gipfel recht ausgiebig.
Am nächsten Morgen, dies war der 27.02, ging es am Nachmittag mit einem Sonderbus in einer 20-stündigen Fahrt zurück nach Ankara, wo wir am Mittwoch Vormittag gut ankamen. Um 16.°° Uhr Nachmittag waren wir vom Präsidenten des türkischen Bergsteigerverbandes in der Universität in Ankara eingeladen und empfangen. Hier musste ich meinen mündlichen Bericht abgeben, welcher durch einen Dolmetscher direkt übersetzt wurde. Anschließend gab es noch eine lustige Party, die sehr lange dauerte und unseren Kontakt zu den türkischen Bergsteigerfreunden noch verbesserte.
Am nächsten Morgen, dies ist der 1.März, verabschieden wir uns und alle Teilnehmer dieser Bergfahrt fliegen in ihre Heimat zurück. Eine Aufgabe vor meiner Abreise hatte ich noch, ich musste noch einen schriftlichen Bericht über meine Beobachtungen unsere Bergfahrt zum Ararat erstellen. Anschließend hatte ich noch einen Termin an der Universität von Ankara, wo ich ein schönes Angebot für einen Lehrauftrag über 2 Semester für Alpinismus bekommen habe. Diese Angebot konnte ich aber leider nicht annehmen, da ich von meinem Arbeitgeber dem Österreichischen Alpenverein keine Freistellung erhalten hätte.
Am Freitag den 02. März, war es dann auch für mich soweit wieder die Heimreise anzutreten. Ich verschenkte meine gesamte Bergsteigerausrüstung, verabschiedete mich noch von meinem Dolmetscher, der mit mir zum Flughafen fuhr und ab ging es wieder nach Innsbruck, wo ich um 19.°° Uhr ankam.
Im Rucksack hatte ich einen Berg voll Erinnerungen und schöner Eindrücke, welche ich erst zu Hause auspacken und im Laufe der Zeit einordnen konnte.

Hansjörg Köchler