Wilder Kaiser, Kleine Halt, „Via Aqua“, VII-

Aber jetzt geht’s los, das Wetter bleibt schön und bleibt es sogar! Also muss endlich etwas Langes her. Aufstehen um 4.00 Uhr wird schon zur Gewohnheit, doch es braucht einiges an Überredungskunst, um Peter zu einem so langen Unternehmen zu überreden. 24 lange SL und eine ordentliche Anreise mit Zustieg fordert doch einiges. Aber irgendwie stimmt er dann doch zu, der Ehrgeiz, als fast Mitfünfziger so etwas doch noch zu schaffen, hat gesiegt.
Mit dem ersten Licht tragen wir unsere Fahrräder über die Stufen ins Kaisertal um sodann dem Hans-Berger-Haus zuzuradeln. Komisch, den Verbotstafeln zu beurteilen, mag man hier offensichtlich keine Radfahrer! Doch um 6.00 Uhr interessiert das sowieso niemanden. Der anschließende Fußmarsch ist rasch vorbei, denken wir, doch leider finden wir die Querung durch die Latschen nicht auf Anhieb und so gibt es eine einstündige Zusatzeinlage zum Weg suchen. Als wir unseren 1. Suchpunkt wieder erreichen treffen wir Gott sei Dank ein junges Kletterpärchen auf dem Weg zur Plattendiretissima, die uns den Weg zeigen. Nach 5 Metern Anstieg wäre es nach links weggegangen. So ein Mist!!!
Dann gehts aber flott dahin. Der Einstieg ist rasch gefunden und schon werden die 1. Seillängen abgespult.
Platten, Platten, Platten, unterbrochen durch einige Steilaufschwünge führen ziemlich gerade in meist 50 m SL nach oben. Die Schlüsselstellen bilden keine großen Hindernisse und nach gut 3 Stunden liegt die Hälfte der Tour bereits hinter uns. Doch nun beginnen sich Peters Zehen zu melden. Seine Nahkampfkletterschuhe mögen das Breittreten auf den Platten gar nicht und rächen sich dafür an seinen Zehen. Die nächsten 12 SL werden somit eine Folter für seine Füße. Er bettelt mich um eine Schmerztablette an, welche ich natürlich nicht mithabe, denn man soll doch nicht so viele Tabletten essen!
Die gigantischen Wasserrillen, welche nahezu 100 Meter ohne Unterbrechung nach oben ziehen werden verwunschen. Man darf schimpfen, denn es hört niemand. Um halb eins schimpfe ich dann mit, denn nun brennt die Sonne gnadenlos auf uns hernieder. Das hätte ich nicht gedacht, dass eine NW-Wand so sonnig ist. Zum Glück haben wir nur wenig zum Trinken mit, denn mit jedem Liter Schweiß weniger werden wir leichter und fliegen somit dem Gipfel entgegen. Und wirklich, nach 6 ½ Std. ist es geschafft.
Peters Zehen werden wiederbelebt, allerdings nur mit Druckmassage und ein nahezu nicht mehr enden wollender Abstieg durch einen Backofen beginnt. Wieder im Schatten wirkt der sonst so aktive Peter gezeichnet. Ein Vergleich zu einer Mumie fällt nicht schwer, doch was solls. Wir müssen weiter.
Am Hans-Berger-Haus sieht man eine kleine Wolke aufsteigen, so zischt der Apfel und Himbeersaft durch unsere Kehlen und mit den Rädern sausen wir dann doch wieder einigermaßen erholt Kufstein entgegen.
Facit: Am schönsten sind doch die Touren, die einen fordern; Peter starrt im Auto jedoch nur nach vorn und gibt Gas.

Walter

Tourendatum: 21.8.2011