Schitouren in Island

11.04. Um 6.00 Uhr treffen wir uns bei Walter in Absam und dank der flotten Fahrweise von Klaus sind wir bereits um 7 Uhr 40 am Flughafen in München. Beim Einchecken gibt es eine kurze Aufregung, da laut Computer die Reise von Walter bereits in Helsinki zu Ende ist. Der Flug von Helsinki nach Island scheint der langen Datenleitung zum Opfer gefallen sein. Mit Hilfe der freundlichen Dame am Schalter wird aber alles geregelt. Planmäßig um 10 Uhr 30 startet unser Flugzeug und landet nach 2 Stunden 20 in Helsinki. Dort ist es durch die Zeitverschiebung bereits 13 Uhr 50. Um 15 Uhr 30 sollte es weitergehen, aber das Flugzeug aus Island ist dort wegen Schlechtwetter noch gar nicht gestartet. Nach 6 Stunden etwas mühsamer Wartezeit, denn auch vom Biertrinken hat man einmal genug, ist es dann um 19 Uhr 45 endlich so weit. In der für 200 Passagiere konstruierten B 757 sind nur etwa 30 Plätze belegt. Haben die anderen vielleicht wegen des Wetters ihren Flug storniert? Nach 3 1/2 Stunden landen wir in Keflavik und können die Uhr wieder um 3 Stunden zurückstellen. Wir haben also, und wenn auch nur theoretisch, einen Teil der verlorenen Zeit zurück gewonnen. Der leichte Nieselregen und die steife Brise, die uns empfangen, sind typisch isländisch aber nicht so tragisch, wie wir es uns vorgestellt haben. Vor der Tür wartet schon unser Bus, der uns ins Hotel nach Reykjavik bringt. Bald darauf sitzen wir in einem gemütlichen Restaurant beim Abendessen. Der gegrillte Lachs mit Gemüse und Ofenkartoffel ist die 20 Euro locker wert und das isländische Bier ist auch nicht schlechter als unseres. Zu Hause ist es inzwischen bereits 2 Uhr früh und dementsprechend müde fallen wir ins Bett.
12.04. Nach einem ausgiebigen Frühstück starten wir um 8 Uhr Richtung Norden. Unser isländischer Führer, Leifur Svavarson, kutschiert uns in einem komfortablen Mercedes-Bus mit Anhänger. Wir können entspannt die Licht- und Schattenspiele in der vorbeiziehenden Landschaft genießen. Mittags, nach 230 km, machen wir Rast bei der Tankstalle „Stadarskali“, wo ich bei meinen Radtouren bereits öfters eingekehrt bin und ich bin überrascht, wie sich die, vor ein paar Jahren einfache Raststätte, verändert hat. Alles ist neu und nach dem letzten Stand der Technik eingerichtet. Vielleicht sind das die Ursachen für die derzeitige Wirtschaftskrise in Island ? 140 km weiter, in „Varmahlid“, bereitet uns Leifur in der dortigen Raststätte einen reichhaltigen Lunch, damit wir für die heute vorgesehene Schitour gestärkt sind. Vielleicht wäre eine psychische Stärkung wichtiger, denn die Wetterstation zeigt eine Temperatur von 5° und Wind mit 6 m/sec. Alles andere als gemütlich, aber so ist es nun einmal in dieser Gegend. Nach 40 km erreichen wir einen Passübergang, 500 m ü.d.M. Die bisher in allen Brauntönen gehaltene Landschaft hat einen weißen Anstrich erhalten und die Temperatur den Nullpunkt erreicht. Wir können also zur ersten Tour starten. Der Aufstieg auf den 1.100 m hohen „Kinnarfjall“ vermittelt uns gleich einen Eindruck dessen, was uns in den nächsten Tagen erwarten kann. Die Wetterverhältnisse ändern sich im Minutentakt von Nebel, Wind (in allen Abstufungen) und Eisregen bis zu sonnigen Abschnitten, die immer wieder tolle Ausblicke auf die umgebende Bergwelt gewähren. Einige steile und vom stetigen Wind vereiste Querungen machen die Harscheisen zur wichtigsten Ausrüstung. Nur Walter glaubte, ohne diese auszukommen und verletzte sich bei einem Ausrutscher an der Schulter. Bei der Abfahrt, die durch schlechte Sicht etwas beeinträchtigt ist, sind dann gute Kanten gefragt. Nachdem wir unser etwas unsanft geparktes Fahrzeug mit vereinten Kräften wieder flott gebracht haben, nehmen wir die letzte Etappe von 70 km unter die Räder und um 17 Uhr 30 sind wir am Ziel in „Ytri Vik“, einem Küstenabschnitt, ca. 30 km nördlich von Akureyri. Wir sind in zwei komfortablen Blockhütten, direkt am Strand untergebracht. Die Aussicht auf den „Eyjafjördur“ und die verschneiten Berge ist einmalig. Während wir uns in den hauseigenen Pools, bei einem Schluck Whisky, von den Strapazen des Tages erholen, bereitet Leifur das Abendessen. Es wird ein Gaumenschmaus mit Tomatensuppe, Fisch in Gemüse und Reis. Zum Nachtisch gibt es einen leckeren Pudding. Der erste Tag war schon einmal ein voller Erfolg. So kann es weitergehen.
13.04. Um 7 Uhr sitzen wir gemütlich beim Frühstück und eine Stunde später im Bus. Nach einer guten Stunde Fahrt sind wir am Ausgangspunkt der heutigen Schitour, in einem Tal, nordwestlich von Dalvik. Bis zum Gipfel des „Hestfjall“ sind 1.400 Höhenmeter zu bewältigen. Der Aufstieg ist wieder steil, aber nur im obersten Abschnitt glashart. Heute geht einmal kaum Wind und das Wetter ist auch in Ordnung. Als wir nach 3 Stunden am Gipfel stehen, scheint sogar die Sonne. Der Ausblick ist wieder total eindrucksvoll. Die Abfahrt bei guter Sicht und 10 cm Pulverschnee ist ein Genuss. Um 14 Uhr entspannen wir uns im Schwimmbad von Dalvik, ein nach den modernsten Richtlinien eingerichteter Glaspalast. Auf der Rückfahrt besichtigen wir noch eine alte Bierbrauerei in „Hauganes“ und lassen uns die diversen Kostproben schmecken. Das Abendessen mit Lachs in Zwiebelsauce und Kartoffeln ist wieder hervorragend.
14.04. Der Ausgangspunkt der heutigen Schitour ist direkt an der Küstenstraße von Dalvik nach Olafsfjördur, das Ziel der 1.100 m hohe „Kerahnjukur“. Ohne Wind steigen wir gemütlich durch ein weites Kar auf. Kurz unter dem Gipfel ist er dann wieder da und sofort ist es nicht mehr so gemütlich und bockhart. Über den Gipfelgrat weht es so stark, dass es uns fast von den Beinen holt. Für die Abfahrt bilden wir heute zwei Gruppen, wobei eine den Weg über die westseitige Aufstiegsroute nimmt. Der Einstieg zu unserer Route über eine Wechte, ist wegen der Sturmböen etwas anspruchsvoll, aber dann ziehen wir unsere Schwünge im herrlichen Firn und Sonnenschein, über einen 40° steilen Osthang, der sich in einem Stück vom Gipfel bis fast zum Meer zieht. Nur die letzten 100 Höhenmeter müssen zu Fuß überwunden werden. Dass sich die Sonne wieder verabschiedet, stört uns nicht, da wir kurze Zeit später im heißen Pool des Schwimmbades sitzen. Zum Abendessen gibt es Dorsch in Gemüse mit Tagliatelle und Obstsalat.
15.04. Heute fahren wir um 9 Uhr 30 über Akureyri nach Genivik an der Ostküste des Eyjafjördur zum Gletscher des „Kaldbakur“. Das Wetter ist wieder isländisch, alle paar Minuten anders. Es ist nur gut, dass Leifur den richtigen Weg auch bei Nebel findet. Nach 2 Stunden und 900 Höhenmetern stoppen uns dann endgültig Sturm und Eiseskälte. Wir verzichten ohne Widerrede auf den Gipfel. Die Abfahrt auf harter Piste ist besser als erwartet und im Schwimmbad von Akureyri sind dann auch Sturm und Kälte schnell vergessen. Anschließend machen wir einen Stadtbummel und genießen in einem netten Lokal Kaffee und Kuchen. In einem Geschäft der berühmten Sportmarke „Sixty Six“ können wir noch unsere Kauflust befriedigen. Auf der Heimfahrt kommen wir beim bekannten Freiluftmuseum „Laufas“ vorbei, das mit seinen Torfhäusern und der typisch isländischen Kirche wirklich sehenswert ist. Wir freuen uns nicht umsonst auf das Abendessen, es gibt Lammbraten und heute sogar mit italienischem Wein aus der Vinothek in Akureyri. Herz, was willst du mehr.
16.04. Nach dem Frühstück um 7 Uhr 30 starten wir um 10 Uhr zur heutigen Tour. Wir brauchen nur die 12 km bis Dalvik fahren. Dafür wollen wir heute auf zwei Gipfel. Das Wetter ist nicht gerade einladend, aber inzwischen wissen wir ja, dass sich das sehr schnell ändern kann. Zum ersten Mal geht es heute ca. 3 km flach dahin bevor es wieder steiler wird. Der Gipfelhang des „Einstakafjall“ ist dann wie gewohnt steil und pickelhart und wir sind wieder froh um unsere Harscheisen. Die Abfahrt über diese 300 Höhenmeter ist, auch wegen der schlechten Sicht, kein reines Vergnügen. Die Wolken sind wieder etwas dünner geworden und wir nehmen den zweiten Gipfel in Angriff. Oben angekommen ist es wieder stockdunkel und der durch den Sturm aufgewirbelte Schnee nimmt uns den letzten Rest der Sicht. So stelle ich mir „Ragnarök“, den in der Edda beschriebenen Weltuntergang vor. Es ist unmöglich, den richtigen Einstieg zur geplanten Abfahrt zu finden. Zu allem Überfluss ist meine Bindung total vereist und ich bin froh über die Hilfe meiner Kameraden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf einen kurzen Lichtblick zu warten und dann fahren wir in Richtung der Aufstiegsroute ab. Die ersten 200 Höhenmeter sind ein Blindflug und dann reißt es plötzlich auf und wir genießen eine herrliche Firnabfahrt bei strahlender Sonne. Als wir später vom Schwimmbad in Dalvik zum Gipfel hinaufschauen, ist dort schon wieder die Hölle los. Die Kartoffelsuppe mit Lammfleisch und das gegrillte Lammbarbecue, füllt am Abend unsere leeren Energiespeicher wieder auf. Die gegrillten Bananen, gefüllt mit Schokolade, sind eine, bisher für alle unbekannte, schmackhafte Nachspeise.
17.04. Am Morgen begrüßt uns leichtes Schneetreiben und um 10 Uhr brechen wir unsere Zelte ab. Nach Dalvik geht es durch einen 3,5 km langen Tunnel nach Olafsfjördur und weiter durch zwei nagelneue Tunnelröhren mit 7 und 4 km Länge nach Siglufjördur. Durch diese beiden Tunnel erspart man sich eine Strecke von rund 60 km. Inzwischen lacht wieder die Sonne vom Himmel und einer letzten Schitour steht nichts im Wege. Eigentlich ist es dann eine Variantenabfahrt, denn der Aufstieg wird durch einen Lift über 650 Höhenmeter auf 15 Minuten verkürzt. Die Abfahrt ist ein Schwelgen in herrlichstem Firn. Die folgende Busfahrt führt uns entlang der gesamten Westküste der Halbinsel „Tröllaskagi“ über Hofsos nach Saudakrokur und vermittelt Ausblicke in eine wunderbare Landschaft. Für mich ein besonderes Erlebnis, da dies die einzige Region Islands ist, die ich mit dem Fahrrad noch nicht erkundet habe. Über Blönduos, Stadarskali und Borgarnes geht es zurück nach Reykjavik, wo wir um 17 Uhr 30 wieder unser Hotel „Fron“ beziehen. Das etwas ungemütliche Wetter nimmt uns die Lust auf einen ausgedehnten Stadtrundgang und wir begnügen uns mit einem kurzen Besuch der Hallgrimskirche, die nur 5 Minuten von unserem Hotel entfernt ist. Dann flüchten wir in das bereits getestete Restaurant „Solon“ um uns aufzuwärmen und den Hunger zu stillen. Das gelingt mir ohne Mühe mit Huhn in Curry und Reis, Bier, Kaffee und Kuchen. Zur Unterstützung der Verdauung genehmigen wir uns anschließend einen „Fisk“ = isländischer Kräuterschnaps, in einem gemütlichen Studentenlokal. Da wir morgen ungewohnt früh aus den Federn müssen, verziehen wir uns bereits um 22 Uhr 30 dorthin.
18.04. Frühstück um 4 Uhr 30 – Abfahrt zum Flughafen um 5 Uhr. Um 8 Uhr 15 sind wir in der Luft und 3 Stunden später in Helsinki. Vor dem Abflug nach München, muss Martin noch dem Sicherheitsdienst erklären, dass sein ABS-Rucksack keine Bombe ist. Um 17 Uhr 50 sind wir wieder in München. Dass die Schi von Martin dort nicht ankommen, ist nicht besonders tragisch, da die Schisaison wahrscheinlich abgeschlossen ist. Nach einer kurzen Suchaktion in der Tiefgarage, haben wir auch unsere Autos wieder gefunden und 1 ½ Stunden später sind wir glücklich und um ein tolles Erlebnis reicher, wieder zu Hause.
Heinz