Mit dem Rennrad im und um das „Valle Maira“ im Piemont

04.09.  Um 8.00 Uhr starte ich mit Peter und Klaus in der St. Nikolausgasse. Ab Bozen gibt es immer wieder Strichregen, der später in Dauerregen übergeht und zum Teil recht heftig ist. Trotzdem sind wir genau nach den prognostizierten sieben Stunden und 620 km am Ziel in „Dronero“, dem Ort am Eingang des „Valle Maira“. Das Hotel „Cavallo bianco“, das für eine Woche unser Stützpunkt ist, erweist sich als gepflegter Betrieb und die Zimmer mit Aussicht auf einen kleinen Marktplatz sind in Ordnung. Nach einer kurzen Entspannungspause machen wir eine Erkundungsrunde durch das Dorf und verkosten den regionalen Wein. Das Abendessen entspricht der berühmten piemontesischen Küche und lässt für die kommende Woche nur Gutes erahnen. An der Qualität des Weines haben wir sowieso nie gezweifelt. Eine Verdauungsrunde fällt im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser, denn es regnet in Strömen.

05.09.  Die Regenwolken haben sich über Nacht verzogen und es ist herrliches Wetter. Einer ersten Radrunde steht also nichts im Wege und nach einem reichhaltigen Frühstück starten wir um 8 Uhr 30 und es geht sofort richtig zur Sache. Von Dronero nach Montemale sind auf  ca. 5 km 350 Höhenmeter zu überwinden. Nach einer ebenso langen Abfahrt sind wir im benachbarten Valle Grana und wieder auf 640 m Meereshöhe. Wir fahren durch ein schönes Tal, immer dem Fluss Grana entlang, in moderater Steigung über Monterosso nach Pradléves auf 800 m. Nach weiteren 850 Hm auf etwas ruppiger Straße stärken wir uns in Chiappi mit Panini und Bier. Weiter geht es in einer großartigen Landschaft, jetzt immer öfter mit einer Steigung bis 15 %, dem höchsten Punkt der Runde, dem Colle d’Esischie entgegen. Über uns kreisen Raubvögel und links und rechts begleitet uns ein ununterbrochenes Pfeifkonzert der Murmeltiere. Es ist einfach überwältigend. Nach 3 Std., 20 min. ist der Anstieg geschafft und von 2.370 m genießen wir einen herrlichen Blick zur Felspyramide des 3.841 m hohen Monte Viso. Die 20 km Abfahrt durchs Vallone Mármora bis ins Maira-Tal sind auf Grund der schlechten Straße noch kein echtes Vergnügen und wir unterbrechen sie einmal, um bei einem Bier, die vom Bremsen überanstrengten  Handgelenke auszurasten. Die letzten 20 km des heutigen Tages durch das Val Maira nach Dronero, sind dann der verdiente Genuss. Insgesamt ein tolles Erlebnis und ein guter Beginn unserer Radwoche. Wir begießen es mit einer Flasche regionalem Wein. Heute funktioniert auch der Spaziergang zum Verdauen und wir machen eine Fotosession an der „Ponte Diavolo“.

85 km – 2.100 Hm

06.09.  Wieder ein strahlender Tag. Wir entschließen uns für die Fahrt auf das Dach unserer Radwoche, den 2.748 m hohen Colle d’Agnello. Mit dem Auto fahren wir 50 km bis Sampeyre, auf 970 m Seehöhe. 10 km, bis zum Talschluss des Valle Varaita sind mit 6 – 8 % relativ gemütlich. Die folgenden 22 km bis zur Passhöhe sind dann schon eher eine Herausforderung. Wie eine Schlange windet sich die Straße mit 10 – 15 % Steigung in die Höhe. Die Autos, zum Glück sind es nur wenige, die sich in den letzten Kehren bewegen, sind nur wie Stecknadelköpfe auszumachen. Die Landschaft leuchtet wieder in den schönsten Farben, gesprenkelt durch weiße Rinder und schwarze Pferde. Im Blickfeld immer wieder der Monte Viso. Wie gestern, veranstalten unzählige Murmeltiere ihr Pfeifkonzert. Am Ziel sind wir verwundert, dass unsere Muskeln nicht auch pfeifen. Für eine lockere Abfahrt ist es zu steil, und so werden Bremsen und Finger wieder über Gebühr beansprucht. Zurück in Sampeyre, füllen wir unsere leeren Speicher mit Bruschette und Bier wieder auf. Damit die Kultur nicht zu kurz kommt, besuchen wir auf der Rückfahrt die berühmte Kirche von Elva. Von außen eher unscheinbar, kann man im Inneren wunderschöne Gemälde des holländischen Malers Hans Clemer aus dem 15. Jhdt. bestaunen. Die Fahrt über den Col di Sampeyre und durch die Schlucht des Vallone di Elva ist wieder ein Erlebnis in Sachen Landschaft und Natur. Auf der Straße muss man mehr auf Murmeltiere als auf andere Verkehrsteilnehmer aufpassen. Durch das Valle Maira geht es zurück nach Dronero..

66 km – 2.010 Hm

07.09.  Heute sind ein paar Wolken am Himmel. Eine Tour zum Ausrasten ist auf dem Programm. Ziel ist das Schwefelbad von Terme di Valdieri im Naturschutzpark Alpi Marittime. Von Dronero fahren wir 20 km Richtung Süden, über Caraglio nach Borgo S.Dalmazzo, leider auf einer ungewohnt stark befahrenen Straße. Im Tal des Flusses Gesso di Valletta sind wir dann wieder ziemlich alleine. In mäßiger Steigung geht es bis zum Talschluss. Nach drei Stunden sind wir am Ziel und können das 34° warme Wasser des Schwimmbades genießen. Außer uns gibt es nur eine Handvoll Gäste. Nach zwei Stunden setzen wir uns gemütlich zu einem Mittagessen mit Spaghetti und Bier. Die Rückfahrt bis Borgo S.Dalmazzo ist so, wie man es sich mit dem Rennrad wünscht. 25 km auf guter Straße, ohne Verkehr und Notwendigkeit zu bremsen. Um dem Verkehr auszuweichen, nehmen wir dann einige Umwege über Seitenstraßen nach Bernezzo und Valgrana, sowie die Steigung nach Montemale in Kauf. So kommen auch an diesem Rasttag  100 km und 1.300 Hm zusammen.

08.09.  Es kann wieder etwas mehr sein. Das Wetter ist optimal. Eine Runde über den Col di Sampeyre ist geplant. Um 8 Uhr starten wir in Dronero ins Valle Maira. Über San Damiano geht es nach Macra, wo wir bei einer Kapelle aus dem 12. Jhdt. haltmachen, die dem hl. San Salvatore geweiht ist. Die Fresken aus dem 15. Jhdt. sind wirklich sehenswert. Ab Stroppo geht es für 15 km mit 8 – 14% Berg auf., zum Glück großteils im Schatten des die Straße säumenden Laubwaldes. Mehrere schöne Kirchen machen einen kurzen Stopp notwendig. Immer wieder werden wir mit tollen Ausblicken belohnt, der auf San Martino ist z.B. ein typisches Kalenderbild. Nach 3 Std. 20 haben wir den höchsten Punkt mit 2.284 m erreicht. Zum ersten Mal treffen wir andere Rennradfahrer. Da wir den schlechten Zustand der Straße bis Sampeyre von unserer Autofahrt her kennen, wissen wir, dass höchste Aufmerksamkeit geboten ist. Trotzdem dauert es nicht lange und ich übersehe ein Loch im Asphalt. Die logische Folge, ein Reifenschaden. Durch perfekte Teamarbeit kein Problem und wir sind schnell wieder fahrbereit. Im Tal haben wir wieder steife Finger vom Bremsen. In Sampeyre stärken wir uns mit Risotto bzw. Spaghetti arrabiata und 2 Bier für die Weiterfahrt. Durch das Valle Varaita genießen wir dann eine 25 km lange Abfahrt auf guter Straße. Eine kurze Gegensteigung von 100 Hm von Venasca nach Rossana bedeutet, noch einmal in die Pedale steigen. Wieder können wir zufrieden auf eine wunderschöne Fahrt zurückblicken.

97 km – 1.860 Hm

09.09.  Wolkenloser Himmel. Wir fahren wieder nach Süden. Auf Grund des vor zwei Tagen erlittenen Verkehrsschocks, diesmal die 20 km bis Borgo S.Dalmazzo mit dem Auto. Nach sieben einsamen Kilometern müssen wir zwischen Gaiola und  Demonte noch einmal für 10 km  regen Verkehr in Kauf nehmen. Ab der Abzweigung ins Vallone dell’Arma sind wir wieder alleine und es geht aufwärts. 35 km von 780 auf 2.480 m. Die Steigung beträgt immer 8 bis 10 % mit vielen Schnappern bis 15 %. Die Landschaft ist wieder beeindruckend und hat durchwegs hochalpinen Charakter. Das Pfeifen der Murmeltiere sind wir inzwischen schon gewöhnt. Im Gegensatz zu unseren bisherigen Touren, sind wir heute großteils der Sonne ausgesetzt und kämpfen etwas mit der dadurch bedingten Temperatur von ca. 30°. Umso mehr freut es uns, dass auf halbem Wege ein Rifugio zur Einkehr lockt. Es ist zwar nur eine Blechbaracke aus Militärzeiten, aber wir genießen im Schatten von Ebereschen frisch zubereitete Pasta mit Kräutern aus dem hauseigenen Garten und Bier. Rundum tollen wieder die Murmelen über die Almwiese. Gestärkt nehmen wir den letzten Anstieg in Angriff und erfreuen uns an der in herbstlichen Farben leuchtenden Umgebung und dem Ausblick auf die umliegenden Berge. Irgendwann werden wir von zwei, natürlich jüngeren Rennradfahrern überholt. Wenig später haben auch wir unser Erfolgserlebnis. Wir überholen einen müden Mountainbiker. Nach 3 Std. 40 haben wir den höchsten Punkt, den Colle dei Morti oder Colle Cuneo erreicht und stolz lehnen wir unsere Räder an das steinerne Denkmal von Marco Pantani. Damit wir auch von einem Gipfel erzählen können, besteigen wir noch den, stolze 35 m höheren Cima Fauniera. Die Abfahrt durch das Valle Grana ist uns schon von unserer Tour auf den Colle d’Esischie, allerdings im Aufstieg, bekannt. Nach einer Gesamtfahrzeit von 5 ¼ Stunden sind wir wieder beim Auto.

88 km – 2.100 Hm

10.09.  Da wir uns sicher sind, dass radfahrerisch keine Steigerung mehr möglich, und das Wetter obendrein schwül und diesig ist, entschließen wir uns heute für einen ausgedehnten Kulturtag. Mit dem Auto fahren wir nach Saluzzo und besichtigen dort den Dom und die Kirche San Giovanni. In einer Bar unter den Lauben am Dom, beobachten wir bei einen Prosecco, das rege Treiben der Menschen und sind froh, dass wir es nicht so eilig haben. Anschließend besuchen wir noch die Burg von Manta. Am meisten beeindruckt uns das berühmte Gemälde „der Jungbrunnen“. Gott sei Dank kommen wir auch ohne ihn aus und gönnen uns stattdessen eine gute Mahlzeit und ebensolchen Wein in der Burgtaverne. Zurück im Hotel halten wir eine kurze Siesta und vor dem Abendessen drehen wir unsere letzte Dorfrunde.