Board Peak 1957

….1957 ging abermals eine Expedition in den Karakorum mit dem Ziel den Board Peak zu ersteigen. Ihr gehörte außer den Salzburgern Markus Schmuck, Fritz Wintersteller und Kurt Diemberger unser Hermann Buhl an.

Auf den Erfahrungen vorhergegangener Expeditionen aufbauend wollte die Expedition bei der Ersteigung des Berges von vornherein auf Träger verzichten. Aus diesem Grunde wählten sie im Gegensatz zu uns den Weg über den Westsporn, der sich vom Godwin-Austen-Gletscher zur Schulter emporzieht und dort in den „Eiswall“ übergeht. Mitte Mai errichten sie am Fuße des Westsporns ihr Standlager. Der Weg über den Sporn bot dieser erstklassigen Mannschaft keine nennenswerten Schwierigkeiten. Nachdem die kurz unterhalb der „Schulter“ ihr Hochlager II errichtet hatten, stießen sie gleich darauf auf unseren Anstiegsweg. Die Seilsicherungen am „Eiswall“ waren noch teilweise gebrauchsfähig, außerdem tat die von uns dort zurückgelassene Ausrüstung und Verpflegung der sparsam ausgerüsteten Expedition wertvolle Dienste. Unseren Spuren folgend stießen sie bis zum Gipfelfirnfeld vor, darüber hinaus bis zur Gipfelscharte und erreichten am 29. Mai den Vorgipfel. Das Ziel greifbar nahe zwangen sie Schneesturm und Nebel zur Umkehr und zum Abstieg in das Standlager.

Am 7. Juni brachen sie bei schönem Wetter vom Standlager auf. Nach einer Nacht im Lager II (6400m) stiegen sie am 8. Juni bis zum Lager III das sie bereits bei Ihrem ersten Vorstoß in einer Höhe von etwa 7000m oberhalb des „Eiswalles“ errichtet hatten. Von diesem Lager aus griffen sie am 9. Juli den Gipfel an. Bei eisiger Kälte stiegen sie zur Gipfelscharte empor. Tiefer Neuschnee erschwerte das Vorwärtskommen. Schmuck und Wintersteller, die erste Seilschaft, Buhl und Diemberger, die zweite, kämpften sie sich über den Gipfelgrat empor. Es war schon Nachmittag als sich die erste Seilschaft dem Gipfel näherte, die zweite folgte etwas später. Am Abend dieses Tages wehte die österreichische Fahne vom Board Peak. Hermann Buhl sagte in seinem letzten Bericht über diesen Sieg: „Langsam senkt sich die Sonne zum Horizont; über den Gletscher liegen schon schwarze Schatten. In mehr als 8000 Meter Höhe gehen wir die letzten Meter zum Gipfel hinauf; abgekämpft, keuchend, mit letzter Kraft… Ganz zum Schluss werde ich frischer, und Punkt 19Uhr, am Pfingstsonntagabend, stehe ich neben Kurt auf dem Gipfel, mehr als 3000m über unserem Lager drunten am Godwin-Austin-Gletscher.“

Ernst Senn
Originaltext aus dem Karwendler Jahresbericht 1954 bis 1959